LOUIS CHEVROLET
Man würde meinen, der berühmte Autorennfahrer, der begnadete Tüftler und Mechaniker habe mit der Automarke, die noch heute seinen Namen trägt, zu seinen Lebzeiten mindestens ein kleines Vermögen gemacht und sei mit mehr als einem der filmreif klassischen Modelle in der Welt herumgefahren. Weit gefehlt! Seinem impulsiven Temperament gehorchend hat Louis Chevrolet in einem kritischen Moment alle Rechte an dem von ihm und seinem Bruder entwickelten Chevrolet Tourenwagen an den damaligen Geldgeber abgetreten, der danach ganz allein vom wachsenden Erfolg der Marke profitierte. Louis, der als Velomechaniker und Velorennfahrer im Burgund begann, nachdem er mit seinen Eltern aus der Schweiz dorthin gezogen war, hat mit mehr oder weniger Glück verschiedene Leben gelebt: Nach der Kindheit in der Schweiz kam die Jugend in Frankreich und danach eine abenteuerliche Zeit als Erwachsener in Amerika, wo er sich bei den ersten, riskanten Autorennen als tollkühner Fahrer einen Namen machte, bevor er sich, nachdem sein Bruder auf der Rennpiste sein Leben gelassen hatte, als Auto- und Flugzeugmotorenbauer versuchte. Chevrolet, Frontisec, Fronty-Ford T – die Modelle folgten aufeinander, die Erfolge auch, die aber immer wieder eher Strohfeuern glichen. Ein stabiles, wenngleich nicht ungetrübtes Glück war Louis bloss im Schoss seiner Familie beschieden. Wer erinnert sich beim Namen Chevrolet an etwas anderes als an die Karosserie der amerikanischen Automarke? Deren Erfinder, Louis Chevrolet, hat schliesslich in ihrem Schatten gelebt – und in allem aus dem Vollen geschöpft: in seinem Erfindungsreichtum, seinem Wagemut, aber auch seinem Pech. Die Journalisten bedrängen den Mann mit mehr oder weniger einfältigen Fragen: Seine Herkunft? Zivilstand? Ausbildung? Lieblingsgericht? … Louis fragt sich, ob der ganze Rummel nicht übertrieben sei. Er ist es. Louis zeigt sich bescheiden, beisst sich auf den Lippen herum, relativiert. Schlagen wir nicht über die Stränge! Das war bloss ein Rennen. Er hat recht. Siege und gebrochene Rekorde wird es weitere geben. In den folgenden Monaten wird Chevrolet nacheinander achtundzwanzig Rennen bestreiten – darunter ein paar ganz kurze – und dreizehn Mal auf Platz eins landen, dem kühnen Barney Oldfield die Schau stehlen, seinen Namen und seinen Stil im ganzen Land bekannt machen. Das Publikum und die Presse schwelgen. Zwar verbindet Louis die feine Hand des Virtuosen mit der Rage des Vabanquespielers, doch was man vor allem im Gedächtnis behält, ist sein Hang zum Draufgängertum. »The daredevil Frenchman« ist der Spitzname, den man ihm verpasst. Suzanne, seine junge Ehefrau, hat sich damit abgefunden, mit der Angst zu leben, dass ihr Mann sich die Knochen bricht … Sei vorsichtig, Louis, schwöre es mir. Louis schwört. Wenn es sich machen lässt, tut man besser daran, gewisse Unfälle totzuschweigen. Anfang Juli 1905, drei Wochen vor ihrer Hochzeit, hätte nicht viel gefehlt, und Louis wäre in Einzelteilen zur Zeremonie erschienen. Ziemlich unsorgfältig legt er die letzten Zeitungsartikel ad acta. Seinen Namen hier gedruckt zu sehen, in Amerika, ist keineswegs unangenehm. Es weckt in Louis einen vagen Stolz, doch wenn man ihm mit Heldenhaftigkeit kommt, stellt er sich quer: Wenn ich geschafft habe, was ich geschafft habe, dann weil ich es schaffen konnte. Besser könnte man es nicht sagen.
Autor: | Layaz, Michel |
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ISBN: | 9783038670841 |
Auflage: | 1 |
Sprache: | Deutsch |
Seitenzahl: | 168 |
Produktart: | Gebunden |
Verlag: | brotsuppe |
Veröffentlicht: | 28.11.2023 |
Schlagworte: | Amerika Auto Automarke Autorennen Autorennfahrer Chevrolet Erfinder Rennfahrer Tourenwagen |
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