Schuld und Sühne
Roman
Eine atemberaubende KriminalgeschichteRodion Raskolnikow, ein verarmter Student, ist von der Idee besessen, dass es dem »großen« Menschen erlaubt sei, »lebensunwertes« Leben zu vernichten, um »lebenswertes« zu erhalten. Er begeht einen Doppelmord an einer alten Wucherin und deren halbirrer Schwester, um mit dem geraubten Geld sein Studium zu finanzieren. Doch seine Psyche kann die Tat nicht verkraften. In einem bitteren Prozess der Bewusstwerdung lernt er die Strafe als Sühne begreifen und erfährt die erlösende Kraft der Liebe.
Anfang Juli, an einem ungewöhnlich heißen Tag, verließ ein junger Mann gegen Abend die Kammer, die er in der S.-Gasse in Untermiete bewohnte, trat auf die Straße und ging langsam, gleichsam unentschlossen, in Richtung der K.-Brücke fort. Glücklich vermied er auf der Treppe eine Begegnung mit seiner Hauswirtin. Seine winzige Kammer lag gleich unter dem Dach des hohen fünfstöckigen Hauses und war eher als eine Art Schrank, denn als ein Wohnraum anzusprechen. Die Wirtin, bei der er diese Kammer mit Mittagessen und Bedienung gemietet hatte, wohnte eine Treppe tiefer in einer eigenen Wohnung, und sooft er das Haus verließ, mußte er an ihrer Küche vorbei, deren Tür zur Treppe hin fast immer sperrangelweit offen stand. Und jedesmal überkam den jungen Mann im Vorbeigehen ein schmerzlich feiges Gefühl, dessen er sich schämte und über das er angeekelt die Stirn runzelte. Er war an die Hauswirtin bis über beide Ohren verschuldet und fürchtete sich, ihr zu begegnen. Nicht daß er von Natur feige oder schüchtern gewesen wäre, ganz im Gegenteil; aber seit einiger Zeit war er derart reizbar und lebte er in solcher Spannung, daß sein Zustand fast einer Art Hypochondrie glich. Er hatte sich so sehr in sich selbst versponnen und von allen anderen Menschen abgesondert, daß er vor überhaupt jeder Begegnung Angst hatte, nicht nur vor einer Begegnung mit seiner Hauswirtin. Er war arm; aber sogar seine bedrängte Lage beschwerte ihn in letzter Zeit kaum noch. Mit seinen eigentlichen Arbeiten befaßte er sich gar nicht mehr und wollte das auch nicht. In Wirklichkeit hatte er auch keineswegs Angst vor der Wirtin, mochte diese gegen ihn im Schilde führen, was sie wollte. Doch auf der Treppe stehenzubleiben, allerlei Unsinn über den so alltäglichen Kleinkram, der ihn gar nichts anging, alle....
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