Vor den Ruinen von Grosny
Leben und Überleben im multiethnischen Kaukasus
»Wie sah der Vielvölkerstaat Sowjetunion aus, der immerhin sieben Jahrzehnte lang das Leben von über zweihundert Millionen Menschen bestimmte? Was war die Sowjetunion als multinationale Gesellschaft, die das Miteinander jener Millionen organisierte? Wie gelang es den Menschen, nach den Exzessen der Gewalt – Revolution, Bürgerkrieg, Terror, Zweiter Weltkrieg – einander wieder in die Augen zu schauen und neues Vertrauen zu fassen? Oder waren die gemeinsam verlebten Jahrzehnte nach Stalins Tod nichts weiter als ein Ausharren, ein Warten auf das Ende der Geschichte , das der Politologe Francis Fukuyama mit dem Zerfall der Sowjetunion anbrechen sah?« Die Antwort auf diese Fragen führt Walter Sperling in seiner mitreißend erzählten Alltagsgeschichte an die ehemalige sowjetische Peripherie, nach Grosny. Eine Stadt, gegründet im 18. Jahrhundert, in der sich wie in einem Brennspiegel das Spiel von Zentripedal- und Zentrifugalkräften, von Imperium und Peripherie, Kolonisator und Kolonisierten bündelt. Bald nach der Gründung als zaristische Garnisonsstadt zu einer Boomtown des Ölzeitalters avanciert, erlebte es die vollständige Zerstörung 1942 durch die deutsche Wehrmacht, es folgte die Vertreibung der Inguschen und Tschetschenen und deren Rückkehr 1957. Lange hörte man dann nichts mehr von dem beschaulichen Städtchen im Kaukasus, das beharrlich um seinen sozialen Frieden rang, bis Grosny 1994 im ersten russischen Tschetschenienkrieg durch seinen Kampf um internationale Anerkennung die Weltbühne wieder betrat.
»Was war der Vielvölkerstaat Sowjetunion, der immerhin sieben Jahrzehnte lang das Leben von über zweihundert Millionen Menschen bestimmte? Wie funktionierte das Miteinander der multiethnischen Gemeinschaften, die in einer Vielzahl von sowjetischen Städten über Jahrzehnte bestanden? Anders gefragt, wie gelang es den Menschen, nach den Exzessen der Gewalt – Revolution, Bürgerkrieg, Terror, Zweiter Weltkrieg – einander wieder in die Augen zu schauen und neues Vertrauen zu fassen? Oder waren die gemeinsam verlebten Jahrzehnte nach Stalins Tod nichts weiter als ein Ausharren, ein Warten auf das ›Ende der Geschichte‹?« Die Suche nach Antworten auf diese Fragen führte Walter Sperling in dieser mitreißend erzählten Alltagsgeschichte an den Rand der ehemaligen Sowjetunion, nach Grosny. Dort bündelt sich wie in einem Brennglas das Kräftespiel von Widerstand und Integration, im Ringen des russischen Imperiums und der Peripherie, der Kolonisatoren und Kolonisierten. Erst Garnisonsort, dann Boomtown des Erdöls, nach der Oktoberrevolution Baustelle des Sozialismus, wenig später Frontstadt im Visier der deutschen Wehrmacht. Nach der Deportation der Tschetschenen und Inguschen 1944 und deren Rückkehr 1957 hörte man lange nichts mehr von dem beschaulichen Städtchen im Kaukasus, das beharrlich um seinen sozialen Frieden rang. Bis zum ersten russischen Tschetschenienkrieg, als Grosny erneut in Ruinen endete. Die Eskalation und die Radikalisierung zeichnet Walter Sperling nach. Vor allem aber macht er die Bemühungen sichtbar, Brücken zu schlagen und zu vermitteln, weil die Eliten der multiethnischen und multireligiösen Peripherie wussten, was der Preis von Entfesselung ist.
Autor: | Sperling, Walter |
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ISBN: | 9783957572356 |
Auflage: | 1 |
Sprache: | Deutsch |
Seitenzahl: | 675 |
Produktart: | Gebunden |
Verlag: | Matthes & Seitz Berlin |
Veröffentlicht: | 12.10.2023 |
Untertitel: | Leben und Überleben im multiethnischen Kaukasus |
Schlagworte: | Befreiung Diktatur Dschihad Islam Kadyrov Kolonialismus Krieg Putin Russland Tschetschenien |
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