HauptAutorin Katharina Vlcek: Amazonien
Schon seit Anfang August kann man das wunderschön illustrierte Bilderbuch «Amazonien» im Buchhandel bestaunen. Ein Buch über die kunterbunte Welt des Dschungels auf der anderen Seite der Welt. Schon auf den ersten Seiten taucht man ein in dieses vielfältige Leben. Man begegnet diversen Tier-, Pflanzen- und Pilzarten. Man lernt mehr über deren Zusammenleben und Zusammenwirken. Auch über die Menschen erfährt man mehr: Sowohl über jene, die im Urwald leben als auch über jene, die in einer der großen Städte der Region zuhause sind. Schnell wird klar: auch wir leben von den Ressourcen des Urwalds.
In sehr anschaulicher und ansprechender Weise lernen wir mehr über das Leben, aber auch über das Sterben des wichtigen Ökosystems der Welt. Wir lernen mehr über Zerstörung und worauf jeder von uns in seinem Alltag achten kann, um den Fortbestand dieser faszinierenden Welt zu unterstützen.
Doch wie ist die Idee zu diesem Buch, zu dieser farbigen Bilderwelt mit kurzen informativen Texten überhaupt entstanden? Und woher stammt die Faszination für die schillernde Welt Amazoniens?
Diese und weitere Fragen haben wir der Autorin und Illustratorin Katharina Vlcek gestellt. Kommen Sie mit und begleiten Sie uns auf unserer Reise zum Ausgangspunkt des Buches bis hin zu seiner heutigen Form. Wir wünschen viel Vergnügen beim Lesen.

©Katharina Vlcek
Woher kommt Ihre Faszination für Amazonien und Südamerika?
Schon als Kind habe ich mir gewünscht, nach Südamerika zu reisen und dort den Regenwald zu erforschen. Ich habe viele Dokus gesehen, Bücher über den Regenwald verschlungen und natürlich viele Bilder davon gemalt. Mit der Umsetzung meines Buches und der Recherchereise nach Südamerika habe ich mir auch einen langen Kindheitstraum erfüllt.
Wie sind Sie auf die Idee gekommen, gerade dieses Buch zu schreiben?
Für einen Kurs an der Hochschule sollte ich fünf Illustrationen zu einem Thema meiner Wahl anfertigen. Mein Thema – Das Leben der Yanomami im südamerikanischen Regenwald – stand sehr schnell fest. Viel Zeit habe ich hingegen mit der Wahl des Illustrationsstils verbracht, bis ich mich für Scherenschnitte entschlossen habe. Als wir zu den Illustrationen auch ein Buchkonzept entwerfen sollten, kamen die vielen Infos zu Tieren, Pflanzen, dem Ökosystem und der Regenwaldzerstörung hinzu und schnell wurde das Projekt ziemlich umfangreich. An dem Punkt habe ich mich auf die Suche nach einem neuen Illustrationsstil gemacht, weil Scherenschnitte zu zeitintensiv wurden. Ich habe mich also sehr intensiv mit der Frage der Umsetzung beschäftigt, das Thema Regenwald hat mich schon seit Kindheitstagen gefesselt und nicht mehr losgelassen.
Sie haben das Buch sowohl geschrieben als auch illustriert. Welche Arbeit mochten Sie während der Buchentstehung am liebsten?
Ich habe Illustration an der Hochschule für angewandte Wissenschaften in Hamburg studiert. Der Fokus lag also immer auf den Bildern. Die Texte entstanden so nebenbei, um noch mehr Infos vermitteln zu können. Auf ansprechende Art und Weise Wissen zu vermitteln, ist mir bei meiner Arbeit am wichtigsten.
Was hat Sie zur Wahl einer Bilderbuch-Form bewogen?
Durch meine Passion für‘s Zeichnen war es für mich immer klar, Bilderbücher zu machen. Bilder sind so viel zugänglicher und einprägsamer als blanker Text. Schöne Bilder anzusehen, ist ein Vergnügen, deswegen sind auch Plattformen wie Instagram und Pinterest so erfolgreich.
Ich persönlich habe auch schon seit Kindertagen Geschichten geschrieben, aber das Zeichnen hat mir doch immer noch mehr Freude bereitet. Ich finde es sehr befriedigend zu sehen, wie mit jedem Strich das Bild immer besser wird. So ein gutes Gefühl gibt mir eine neu geschriebene Zeile nicht.
War es Ihnen wichtig, auch Kinder damit anzusprechen?
Während meiner Arbeit am Buch habe ich mich viel an mein 10-jähriges Ich erinnert. Meine zwei Lieblingsbücher damals waren wunderschön und detailreich illustriert, ich konnte richtig in die Bilder eintauchen und so viel entdecken! Mit «Amazonien» wollte ich ein Buch machen, das auch meinem 10-jährigen Ich gefallen hätte.

©Katharina Vlcek
Für das Buch sind Sie nach Südamerika gereist. Was hat Sie vor Ort am meisten geprägt oder beeindruckt?
Die Geräuschkulisse im Regenwald war gigantisch! Egal ob Tag oder Nacht, es war nie still. Immer konnte ich überall das Leben in seiner ganzen Vielfalt hören, das war wunderschön.
Gibt es ein besonderes Erlebnis, das Sie hier mit uns teilen möchten?
Ich habe zwei Wochen in einer sehr abgelegenen Unterkunft mitten in einem geschützten Waldgebiet verbracht. Am Äquator wird es früh dunkel und das Licht der Hütte hat unzählige Insekten angezogen: dicke, gehörnte Käfer und Falter, größer als meine Hand. Die vielen Insekten wiederum lockten ihre Jäger an, Eulen, Wickelbären und Kröten. Ich bin bis spät draußen geblieben, um die vielen Tiere zu sehen. Gerade die Insekten waren durch das Licht verwirrt und blieben sitzen, sodass ich sie von nahem betrachten konnte. Das war echt spannend.
Welches ist Ihre persönliche Lieblingsdoppelseite/-thematik im Buch?
Das ist schwierig zu beantworten, ich habe so viel Arbeit in jedes einzelne Bild gesteckt, bis ich vollkommen zufrieden damit war, insofern gibt es sehr viele Doppelseiten im Buch, die mir wirklich gut gefallen. Da wäre zum Beispiel die Doppelseite mit den vielen Schmetterlingen, oder die Doppelseite über die Riesenseerose Victoria amazonica oder die Dorfszene bei «Zwischen Tradition und Moderne». Von der Thematik her zählt die Doppelseite «Kreisläufe» zu meinen Favoriten. Da geht es um die komplexen Zusammenhänge zwischen Paranussbaum, Orchideen, Prachtbienen und Aguti. Das ist ein Beispiel dafür, dass die Lebensformen dieser Welt dicht miteinander verstrickt sind und nichts für sich alleine lebt. Den Gedanken halte ich für sehr wichtig.
Im Buch geht es auch um den Menschen und dessen Einfluss auf den Landteil Amazonien. Was möchten Sie den Leserinnen und Lesern da draußen dazu auf den Weg geben?
Zuerst einmal haben nicht alle Menschen den gleichen Einfluss auf den Regenwald am Amazonas. Menschen in Iquitos, einer Stadt im peruanischen Regenwald, nutzen den Wald auf andere Weise als Menschen in Europa. Entscheidend ist das Ausmaß der Nutzung. Das Tolle an der Natur ist ja, dass sie sich regenerieren kann, wenn wir Menschen sie lassen. Ein Baum, der in einem Jahr gestutzt wird, treibt im nächsten Jahr wieder aus. Aber ein Baum, der mitsamt den Wurzeln aus der Erde gerissen wird, ist tot. Und so ist es mit Amazonien auch. Nutzen wir Menschen den Wald auf schonende Weise, kann er sich wieder davon erholen. Der Regenwald am Amazonas wird aber für immer verschwinden, wenn wir ihn weiterhin zerstören. Und genau das passiert aktuell. Jedes Jahr werden immer größere Waldflächen abgebrannt, damit Soja angebaut werden kann. Das Soja landet dann überwiegend in den Mägen von Nutztieren und diese landen irgendwann auf unserem Teller. Die Frage an uns Europäer*innen ist nun, brauchen wir so viel Fleisch?
Möchten wir mit unseren Freund*innen, Kindern und Enkelkindern in einer lebenswerten Welt leben, ist ein erster Schritt die Reduktion von tierischen Produkten. Denn die industrielle Landwirtschaft ist der Hauptgrund für die Zerstörung des Regenwaldes.

©Katharina Vlcek
Dass der Regenwald am Amazonas weiterhin erhalten bleibt, ist deshalb so wichtig, weil so viele Menschen im Amazonasgebiet leben. Verschwindet der Regenwald, werden große Teile Südamerikas zu einer heißen, kargen, trockenen Savanne. Wovon sollen die Menschen dann leben? Und wie wird das Leben von uns Europäer*innen aussehen ohne Regenwald? Denn auch im Weltklima spielt der Wald eine entscheidende Rolle. Er produziert Sauerstoff, bindet CO2, bildet Wolken und kühlt so die Erde. Wollen wir wirklich erfahren, was es bedeutet, auf einer Welt ohne Amazonasregenwald zu leben?
Katharina Vlcek ist eine freischaffende Illustratorin und Autorin, die ihre vielseitigen Interessensgebiete in ihren Büchern zusammenbringt. Für «Amazonien» reiste sie nach Südamerika und skizzierte, notierte, fotografierte und war überwältigt von der Schönheit des Waldes. Vlcek studierte Illustration an der Hochschule für Angewandte Wissenschaften in Hamburg und lebt mit ihrer Familie im Umland Hamburgs.