
Die Elemente: 3 Porträts
Die Naturwissenschaften haben mich immer schon sehr fasziniert.
In meiner Gymnasialzeit habe ich sodann meine Liebe zur Chemie entdeckt. Ich war fasziniert davon, wie wir tagtäglich von diversen chemischen Elementen und Verbindungen und deren Reaktionen umgeben sind.
Alles ist Chemie!
Das beginnt schon bei den Pflanzen, die mit Hilfe von Sonnenlicht, Wasser und Kohlendioxid, Sauerstoff und Zucker produzieren. Oder bei der Konsistenz von Wasser und dessen Oberflächenspannung: Das sind alles H2O-Moleküle, die untereinander sogenannte Wasserstoffbrücken ausbilden und so als flüssige Masse «zusammenhalten».
Meist denkt man im Alltag aber gar nicht an diese unzähligen Prozesse, die da ständig ablaufen. Wir alle bestehen schlussendlich aus Prozessen, Verbindungen und wenn man es weiter runterbricht aus einzelnen chemischen Elementen – den Bausteinen unseres Universums.
Diesen Herbst ist das Buch «Die Elemente» von Philip Ball in unserem Verlagsprogramm erschienen und hat mich gleich in seinen Bann gezogen. Das Buch nimmt uns mit auf eine visuelle Reise durch die Entdeckungsgeschichte der chemischen Elemente.
«Hinter jedem Element des Periodensystems verbergen sich spannende Geschichten!»
So steht es als Headline zum Buch auf unserer Webseite. Und genau so ist es!
Um 850 v. Chr.; den Anfängen der klassischen Auseinandersetzung mit der Materie, die wir heute Chemie nennen, startet die Reise und zieht sich langsam ins heutige Hier und Jetzt.
Nun nutzen wir die Gelegenheit und möchten auch Sie, werte Leser:innen, ins Buch blicken lassen. Drei Frauen aus Verlag und Buchhandlung; Laura Ruf, Stefanie Roth und ich haben uns dazu entschlossen, ihnen die Thematik etwas näher zu bringen. Wir alle haben je ein für uns besonders interessantes chemisches Element aus dem Buch ausgewählt und werden es Ihnen nun mit Fakten aus dem Buch und persönlichem Bezug vorstellen.
Da wir uns am Buch orientieren, bewegen wir uns auch hier chronologisch von den Anfängen bis zur heutigen Zeit. Zusammen reisen wir also zurück in die Zeit der sogenannten alchemistischen Elemente; als die Chemie noch gleichbedeutend mit Alchemie war und zu einem großen Teil der Herstellung von Arzneien und gesundheitsfördernder Elixiere diente.
Lauras Element: Phosphor
Ich bin eigentlich kein großer Fan von Chemie, dafür aber von Geschichte und Geschichten. Und so habe ich direkt «ja» gesagt, als Fiona mich gefragt hat, ob ich ein Element aus unserer Neuerscheinung «Die Elemente» vorstellen möchte. Nach dem ersten Satz des Kapitels über Phosphor war auch schnell klar, dass ich genau dieses Element vorstellen möchte. Lesen Sie selbst:
«Die Entdeckungsgeschichte des Phosphors hat alles: Drama, Intrigen, Geheimnisse, Elend, Aufregung, Gefahr – und Gestank.» Na, wenn das mal nicht spannend klingt.
Phosphor bedeutet wörtlich übersetzt «Lichtträger». Im 17. Jahrhundert wusste noch niemand, dass es sich um ein eigenständiges Element handelte. Der Begriff wurde zu dieser Zeit unterschiedslos für jede Substanz verwendet, die spontan leuchtete – eine Eigenschaft, die Phosphoreszenz genannt wird.
Der Entdecker des Phosphors, Hennig Brand, war ständig bestrebt, aus seinen alchemistischen Versuchen Profit zu schlagen. So kam ihm die bizarre Idee, der Hauptbestandteil des Steins der Weisen könnte sich aus Urin destillieren lassen. Ab etwa 1669 sammelte er daher große Mengen Urin und destillierte sie, um an die festen Rückstände zu kommen.
Tatsächlich blieb bei diesen Experimenten eine Substanz im Kolben übrig, die beim Erhitzen zu einer nach Knoblauch riechenden Flüssigkeit zerschmolz. Diese Flüssigkeit leuchtete und ging beim Kontakt mit Luft in Flammen auf.
Den Stein der Weisen konnte Brand daraus leider nie herstellen.
Trotz der Geheimniskrämerei von Brand, machte die Nachricht von seiner Entdeckung bald die Runde. Zwei weitere Wissenschaftler lieferten sich regelrecht ein Wettrennen, um als erste bei Brand einzutreffen und ihm das Geheimnis der Herstellung zu entlocken. Einer der beiden kaufte ihm dieses sodann ab und brachte es an die Höfe, wo er eine stattliche Summe für die Demonstration seiner Eigenschaften verlangte.
Bald darauf bekamen weitere Wissenschaftler Wind von der Erfindung und Phosphor wurde weit verbreitet und in beliebigen Mengen hergestellt.
Auch wenn die Geschichte seiner Entdeckung sich sehr spannend liest, ist Phosphor doch eigentlich eine entsetzliche Substanz: «Bei Hautkontakt kann er schwere Verbrennungen verursachen und er ist zudem hochgiftig. Und doch ist Phosphor ein lebenswichtiges Element für alle lebendigen Systeme. In Form von Phosphaten, Verbindungen mit Sauerstoff, findet er sich beispielsweise in den Nukleotiden der DNA, in Knochen und Zähnen. Weil es in unserem Körper so viel Phosphor gibt, enthält auch unser Urin reichlich davon – Überschüsse werden auf diese Weise ausgeschieden. Er ist eines der wunderbarsten und verblüffendsten Elemente der Natur.»
Weiter geht es in unserer Zeitreise hin zu den neuen Metallen: Blütezeit des Bergbaus und des wissenschaftlichen Fortschritts.
Stefanies Element: Kobalt
Sich für ein Element für diesen Beitrag zu entscheiden, war nicht ganz einfach. Beim Schmökern lässt sich viel Interessantes finden!
Bei Kobalt bin ich schließlich an der Wortherkunft hängen geblieben. Der Name Kobalt stamme nämlich tatsächlich von dem Wort «Kobold» ab. Die Arbeit im Bergbau tief im Erdinnern bestärkte den Glauben an Übernatürliches und böse Kreaturen, die den Bergleuten die Arbeit erschweren.
Die schöne blaue Farbe des Kobalterzes (Kobalt-Mineral-Verbindung) wurde schon zur Zeit des römischen Reiches (200 v. Chr. bis 480 n. Chr.) zur Färbung von Glas verwendet. In mittelalterlichen Nordeuropa war man jedoch gezwungen das blaue Glas aus der Römerzeit wiederzuverwenden, da nicht bekannt war, wie man die Farbe herstellt. Später dann fand Kobalterz auch als Pigment Verwendung in der Malerei.
Kobalterz ist aber nicht nur schön anzusehen, sondern trägt auch ein magnetisches Metall in sich, das reine silbrige Kobalt, welches erst 1739 offiziell entdeckt und einige Jahre später auch isoliert werden konnte. Übrigens ist das Element auch in minimalen Mengen in unseren Körpern anzutreffen – und zwar als Bestandteil des Vitamins B12!
Schließlich landen wir mit meinem abschließenden Element im 18. Jahrhundert; dem goldenen Zeitalter der Chemie, geprägt von großen Umwälzungen in der Chemie.
Fionas Element: Chlor
Auch wenn ich beim Durchstöbern des Buches an zig Seiten hängen geblieben bin, fiel mir die schlussendliche Wahl meines Elements nicht schwer, denn wer mich kennt, der oder die weiß: Ich liebe Salz!
Was das mit dem Element Chlor zu tun haben soll? Gewöhnliches Kochsalz, wie wir es kennen, besteht zum einen aus Natrium (Na) und zur anderen Hälfte aus Chlor (Cl), im Fachjargon also NaCl. Schon in der Antike wurde es durch Verdunstung des Meerwassers gewonnen und gebraucht.
Wer von Ihnen hat schon von dem slowakischen Volksmärchen «Salz ist kostbarer als Gold» gehört? Darin geht es um einen König, der sein Amt an eine seiner drei Töchter weitergeben möchte. Er stellt sie auf die Probe und fragt jede, wie wertvoll er ihr sei. Die erste Tochter erklärt, er sei ihr so wertvoll wie Gold. Die zweite vergleicht seinen Wert mit ihrem wertvollen Brautgeschmeide. Die dritte Tochter sagt, sie habe ihn so lieb wie Salz. Der König kann die Antwort der dritten Tochter nicht fassen und jagt sie vor lauter Wut vom Hof. Daraufhin verschwinden plötzlich alle Salzvorräte in seinem Reich. Den Bewohner:innen des Reiches schmeckt fortan das Essen nicht mehr und schließlich werden sie durch den Salzmangel schwach und krank. Der König erkennt sein Unrecht, und hofft, dass seine weise Tochter nach Hause zurückkehrt.
Was für eine Geschichte! Da erscheint einem das leichterschwingliche und unauffällige Lebensmittel gleich viel kostbarer, nicht wahr?
Neben der geteilten Hauptrolle, welche dem Chlor im Salz zukommt, fasziniert mich jedoch auch dessen Wandelbarkeit. Dazu liest man im Buch folgende Aussage: «[…] diese Substanz [Salz], unabdingbar für die menschliche Gesundheit, lässt die giftige, schädliche Natur des darin enthaltenen Elements in keiner Weise erahnen.» Chlor kommt nämlich auch in der starken Salzsäure, bestehend aus Wasserstoff (H) und Chlor (Cl), zusammen HCl, vor, welche ätzend und in hohen Konzentrationen giftig ist. Und zusammen mit Salpetersäure HNO3 lässt sich sogar das «[…] reaktionsträgste und königlichste aller Metalle lösen […], nämlich Gold […]».
Chlor hat in Kombination mit dem/r entsprechenden Reaktionspartner/in also unterschiedlichste Eigenschaften, was ich äußerst faszinierend finde.
Elementares Chlor als eigenständiges Element wurde erst im 18. Jahrhundert durch Zufall gewonnen. Carl Wilhelm Scheele war äußerst beunruhigt über das dichte grünliche Gas, das bei einem seiner Experimente frei wurde. Zudem beschrieb er einen erstickenden Geruch und «[…] fand zudem heraus, dass das Gas mit den meisten Metallen reagierte und sie mit einer farbigen Patina überzog (dem Metallchlorid), sich in Wasser zu einer Säure lösen ließ und die Blüten entfärbte.
Bald wurde dieser Stoff in Wasser gelöst in der Textilindustrie als Bleiche eingesetzt, was den Bleichvorgang gegenüber der traditionellen Sonnenbleiche deutlich beschleunigte.»
Chlor wurde erst 1810 vom britischen Chemiker Humphry Davy zum Element erklärt. Das Gas erhielt den Namen chlorine, welcher vom griechischen Wort chloros abstammte und soviel wie «helles Gelbgrün» bedeutete.
Na, hat Ihnen der Einblick in die Geschichten zu den drei ausgewählten Elemente gefallen? Dann werfen Sie doch mal einen vertieften Blick ins Buch «Die Elemente», am Besten in Ihrer lokalen Lieblingsbuchhandlung.
Philipp Ball ist ein britischer Chemiker, Physiker und Wissenschaftsjournalist. Er wurde mehrfach für seine naturwissenschaftlichen Sachbücher ausgezeichnet und war während vieler Jahre Redakteur der wissenschaftlichen Zeitschrift «Nature».