
Bücher restaurieren: Ein Selbstversuch
Ich habe bei mir zu Hause bereits länger ein Buch meines «Schwiegervaters» rumliegen, das er in den letzten Strandferien wortwörtlich «zerlesen» hatte. Nach der Lektüre hatte er mich gefragt, ob ich da als Buchhändlerin vielleicht etwas machen könnte. Ich habe das Buch an mich genommen mit dem Hintergedanken, dass mir dann schon was einfallen würde und siehe da – nur ein paar Monate später erschien im vergangenen Herbst das überaus hilfreiche Werk «Bücher restaurieren» von Kat Rücker-Weininger. Wenn das kein Zeichen war!
Im nachfolgenden Beitrag werde ich mich nun endlich diesem Buchreparier-Projekt annehmen und versuchen das defekte Buch mithilfe der entsprechenden Lektüre wieder zusammenzuflicken.
Bücher restaurieren: Ein Selbstversuch
Nach einer Einführung in die Buchbindetechniken und Ausstattung folgt im Buch der ausführliche Praxisteil.
Da ich mich aufgrund meiner Ausbildung als Buchhändlerin bereits vertieft mit diesen Materien auseinandergesetzt habe, bin ich sogleich zum Material, das ich für meine Reparatur benötigte und zu den praktischen Anleitungen im Anschluss gesprungen.
Mein defektes Buch (klebegebunden) wies folgende Schäden auf:
- lose Seiten (ca. 50 Seiten sind mehr oder weniger am Stück rausgefallen)
- defekte Bindung (Bruchstelle, wo die fehlenden Seiten waren)
Im Buch habe ich bereits nach kurzem Blättern die zwei entsprechenden Reparaturanleitungen zu meinen aufgeführten Schäden gefunden.
Für die Reparatur benötigte ich folgende Materialien:
- Pinsel
- Falzbein
- zwei Bretter, Gewicht
➔ Ich habe mit Büchern zum Beschweren, statt Brettern und Gewicht gearbeitet. - Makulaturpapier: Damit ist Druckausschusspapier gemeint, bspw. Zeitungspapier.
- Trägerpapier: Als Trägerpapier wird beschichtetes Papier bezeichnet, das beispielsweise bei Pflastern die Klebefläche schützt.
➔ Ich habe mich an einem beschichteten McDonalds-Werbefyler bedient, der einer Zeitung beilag. - Planatol BB: Ein Dispersionsklebstoff auf Wasserbasis, wie z.B. Weißleim.
➔ Ich habe bei meiner Reparatur normalen Weißleim eingesetzt.
Anleitung 1: Klebegebundenes Buch – lose Seiten einsetzen
1 | Hat sich aus einem klebegebundenen Buch […] eine Seite gelöst, ist das sehr einfach zu beheben. Öffnen Sie das Buch an der Fehlstelle und schlagen Sie es so weit auf, dass es flach auf Ihrem Arbeitstisch liegt. Bestreichen Sie das lose Blatt am Falz der Rückseite etwa 3 mm breit mit Planatol BB und setzen Sie es passgenau an seinen ursprünglichen Platz. Legen Sie einen Streifen Trägerpapier auf und reiben Sie das Papier mit dem Falzbein vorsichtig an.
Bei meinem Buch hatte sich gleich ein ganzes Stück an etwa 50 Seiten aus dem Buch herausgelöst. Davon lösten sich seinerseits die hintersten Seiten langsam ab. Diese Seiten wollte ich zuerst an das herausgefallene Stück kleben, bevor ich den gesamten Buchteil wieder einsetzte. Also klebte ich die gelösten Seiten einzeln, wie in der Anleitung beschrieben mit Leim, Trägerpapier und Falzbein an.
2 | Legen Sie je ein Blatt Makulatur auf das soeben eingeklebte und das gegenüberliegende Blatt mit einem Abstand von 3 mm zum Falz.
Diesen Schritt habe ich ehrlicherweise übersprungen. Es hat aber auch ohne eingesetztes Makulaturpapier (Zeitungspapier) geklappt.
3 | Tragen Sie wieder etwas Planatol BB auf. Schließen Sie das Buch und lassen Sie es zwischen zwei Brettern beschwert trocknen.
Diesen Schritt habe ich erst ganz am Schluss mit dem ganzen Buch durchgeführt.
Anleitung 2: Klebebindung – defekte Bindung an einem Taschenbuch beheben
1 | Wenn der Rücken eines Taschenbuches gebrochen, die Kartonschicht des Umschlags aber noch unverletzt ist, dann öffnen Sie das Buch noch etwas weiter und ziehen die beiden Teile des Buchblocks etwa 2 mm vom Rücken ab.
2 | Nehmen Sie einen feinen Pinsel und verteilen Sie etwas Planatol BB auf dem freigelegten Karton und dem Buchblockrücken.
Da ein Teil der Seiten herausgefallen war, war der Rücken des klebegebundenen Buches unterbrochen. Daraus ergab sich ein Spalt, die Kartonschicht des Umschlags war jedoch noch unverletzt. Ich öffnete den Spalt im Buch also vorsichtig noch etwas mehr, damit man da dann den Leim reinpinseln konnte.
3 | Außerdem legen Sie links und rechts Makulatur auf die Buchseiten, um sie zu schützen, und tragen einen 3 mm breiten Streifen Planatol BB auf beide Seiten der
Bruchstelle auf.
Auch hier habe ich keine Makulaturseiten zwischen die Seiten gelegt. Da ich aber nicht zu viel Leim verwendet und vorsichtig und langsam gearbeitet habe, kam es zu keinerlei ungewünschten Leimspuren im Buch.
4 | Nun legen Sie die beiden Buchteile am Vorderschnitt genau übereinander. Reiben Sie den Kartonrücken und den Falz mithilfe Ihres Falzbeines und eines Trägerpapiers gut an. Lassen Sie das Buch zwischen zwei Brettern mit einem Gewicht beschwert etwa einen Tag trocknen, bevor Sie es wieder öffnen.
Hier habe ich nun den fehlenden Buchteil à ca. 50 Seiten in die Lücke eingefügt, festgeklebt und alles mit Hilfe des Falzbeins angerieben. Danach habe ich das Buch über mehrere Stunden zwischen zwei schweren Haupt-Büchern ruhen und trocknen lassen. Als ich es schliesslich wieder hervorholte, war das Buch wieder in einwandfreiem Zustand. Man konnte die Seiten problemlos öffnen und blättern, es fühlte sich stabil an und auch die Seiten waren, trotz vergessenen Makulatureinschüben nicht verklebt.
Ein richtiger Erfolg also!
Fazit:
Dank dem hilfreichen Buch von Kat Rücker-Weininger konnte ich eines meiner vielen To-Dos abhaken und das beschädigte Buch endlich reparieren. Die ganze Reparatur-Prozedur stellte sich als nicht allzu schwierig heraus. Ich war aber froh, um die genaue und klare Anleitungen von Kat Rücker-Weininger, denn diese haben mir die Arbeit ungemein erleichtert. Übrigens hatte sich auch der Besitzer sehr darüber gefreut, das reparierte Buch endlich wieder in den Händen zu halten.
Anbei habe ich meinen Reparaturprozess noch als Video verewigt:
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Die beiden Anleitungen waren nur ein sehr kleiner Teil der im Buch vorgestellten und beschriebenen Reparatur-Möglichkeiten. Das Spektrum reicht vom Beseitigen kleiner Risse in Taschenbüchern über das Schließen defekter Falze und das Repariren von ausgefransten Pappecken bis zur kompletten Restaurierung eines Ganzledereinbands!
Wer seine oder ihre Lieblingsbücher also selbst instand setzen und retten möchte, kann mit dieser Lektüre und dem ein oder anderen benötigenden Material gleich selber loslegen!
Mal schauen, welche beschädigten Bücher sich in meinem ganz persönlichen Büchergestell noch so finden und in einem nächsten Projekt reparieren lassen …
Kat Rücker-Weininger wurde in Frankfurt am Main geboren und verbrachte ihre Kindheit teilweise im Ausland. Nach der Gesellenprüfung zur Handbuchbinderin und einem Wanderjahr bei einem Designer Bookbinder und Restaurator in London studierte sie Grafik in München. Seither arbeitet sie in wechselnder Gewichtung als Art Director, Illustratorin, Buchrestauratorin und Autorin und lebt heute zusammen mit ihrer zwei- und vierbeinigen Familie im südwestlichen Bayern.