
Patchworken und Quilten: Die freie Schneidetechnik
Das moderne Quilten erinnert mich auf eine Art an Malen mit Stoff. Bei dieser Stilrichtung, die sich zu Beginn des 21. Jahrhunderts entwickelt hat, liegt der Fokus auf einer stark optischen Wirkung. Im Gegensatz zu den klassischen Quilts werden die Symmetrien und die Blockstruktur aufgebrochen, strahlende Farben werden in minimalistischen Mustern arrangiert und es wird jede Menge improvisiert. Da sind der Ausschöpfung des kreativen Potentials also so gut wie keine Grenzen gesetzt.
Für das nötige Knowhow sorgt Uta Hanson mit ihrem Buch «Patchworken und Quilten», in dem sie uns die Techniken vorstellt und Anfänger:innen wie auch Fortgeschrittenen alles Wissenswerte – von der Ausstattung über das moderne Patchworken und Quilten von Hand oder mit der Maschine bis hin zu den Abschlussarbeiten vermittelt .
In diesem Beitrag werfen wir einen Blick ins Buch und stellen Ihnen die freie Schneidetechnik näher vor. Doch zunächst schauen wir uns an, wie ein Quilt aufgebaut ist:
AUFBAU EINES QUILTS
Ein Quilt setzt sich aus drei Lagen zusammen:
- Oberseite
- Wattierung
- Rückseite
Die OBERSEITE ist die schöne Seite, die in irgend-einer Form gepatcht oder appliziert wird. Mit Patchworken bezeichnet man das Zerschneiden und Wiederzusammensetzen von Stoff. Für das Zusammensetzen gibt es unzählige Techniken und Methoden, von einfach bis herausfordernd. Oft werden einzelne BLÖCKE, sprich: geometrische Stoffstücke oder Mustereinheiten, genäht
und dann zur Quiltoberseite zusammengesetzt.
Die RÜCKSEITE ist meist weniger spektakulär, sie besteht oft nur aus einem einzigen Stück Stoff.
Zwischen die Oberseite und Rückseite kommt eine
FÜLLUNG/WATTIERUNG, welche ursprünglich wärmen sollte und die einen dreidimensionalen Effekt erzeugt. Heute wird für die Füllung Volumenvlies verwendet.
QUILTNAHT/QUILTING: Die drei Lagen, auch Sandwich genannt, werden miteinander verbunden, in-dem sie gequiltet werden. Früher sprach man von steppen, was das Gleiche bedeutet.
Die offenen Kanten des Quilts werden mit einer EINFASSUNG verschlossen. Auch hier gibt es verschiede-ne Techniken, je nachdem, welchen Effekt die Einfassung
erzielen soll.
Auf der Rückseite des Quilts kann ein ETIKETT/ LABEL angebracht werden, auf dem beispielsweise das Entstehungsjahr, der Name der Künstler:in, der Titel und
Ähnliches vermerkt sind.
Ist der Quilt für die Wand gedacht, kann ein TUNNEL an der Rückseite angebracht werden, damit man ihn gut aufhängen kann.
Nun, da wir wissen, wie ein Quilt aufgebaut ist, möchten wir Ihnen als nächstes als kleinen «Blick ins Buch» die freie Schneidetechnik vorstellen:
FREIE SCHNEIDETECHNIK
Bei dieser Technik stehen die Form und die Wahl der Stoffkombinationen an erster Stelle und nicht die exakten Maße beim Zuschneiden und Zusammennähen.
Das Freihandschneiden wurde stark von der Kemptener Quilt-Künstlerin Bernadette Mayr geprägt. Sie hat viele auch etwas anspruchsvollere Muster, die mit dieser Technik entstanden sind, in ihren Büchern beschrieben.
Patchworker:innen, die gerne stoffsparend arbeiten, fällt die freie Schneidetechnik vermutlich schwer, denn es entsteht Stoffverschnitt.
Bernadette Mayr arbeitet nach folgenden Regeln:
- Es wird nach Augenmaß geschnitten, nicht mithilfe eines Lineals.
- Nahtzugaben sind obligatorisch.
- Der erste genähte Block gibt die Größe der folgenden Blöcke vor.
- Zu große Stoffstücke werden beschnitten.
- Zu kleine Stoffstücke werden verlängert und/oder verbreitert.
- Geschnitten wird mit dem Rollschneider.
- Ziehen, Bügeln mit Dampf und Ausbessern sind erlaubt.
Beispiel:
Für das Folgende Beispiel hat die Autorin vier ca. 6 x 6 Inch große Stoffquadrate in zwei unterschiedlichen Farben verwendet.
Uta Hanson legt die vier Quadrate (jeweils 2 pro Farbe) aufeinander und macht zwei senkrechte und zwei waagrechte Schnitte. Dabei schneidet sie frei Hand nach Augenmaß. Es ist wichtig, nicht zu dicht an der Außenkante zu schneiden, damit die spätere Naht beim Trimmen des Blocks nicht weggeschnitten werden muss. Ungeübte Näher:innen beginnen am besten mit möglichst geraden Schnitten, sodass es beim Zusammennähen keine Schwierigkeiten gibt.
Stoffstücke gleicher Form und Position werden nun getauscht, sodass Farbkombinationen entstehen, die Geometrie der Schnitte aber gleich bleibt. Die Blöcke legt die Autorin links neben die Nähmaschine und näht sie dann in Kette zusammen. Um nicht durcheinanderzugeraten, setzt sie die Einzelteile immer in der gleichen Reihenfolge zusammen.
Die Nahtzugaben werden bei allen Blöcken zur gleichen Seite gebügelt. Die Blöcke werden auf 4,5 x 4,5 Inch getrimmt und von der Autorin in einem wiederkehrenden Rhythmus an ihre Designwand geheftet. Später werden die Blöcke reihenweise aneinandergenäht, um dann die Reihen miteinander zu verbinden.
Text: adaptiert und ergänzt aus «Patchworken und Quilten»
Fotos: Uta Hanson
Die Neugier trieb Uta Hanson in Quiltausstellungen, -Workshops und Bibliotheken. Kurse bei Bernadette Mayr und Nancy Crow zeigten ihr neue Welten und Herangehensweisen. Uta Hanson hat an zahlreichen Ausstellungen teilgenommen, Projekte mit lokalen und internationalen Gruppen, eine Online-Konferenz und Challenges mit viel Resonanz organisiert. Ihre Quilts wurden international mit Preisen ausgezeichnet.