
Auf der Scheibe geformt: Anleitung für eine Zitronenpresse
Dass Lilly Maetzig Keramik für hippe Cafés und coole Restaurants in London herstellt, sieht man an den Bildern in ihrem neuen Buch «Auf der Scheibe geformt» sofort. Darin zeigt sie Schritt für Schritt, wie wir alle zuhause solch schöne Keramikobjekte herstellen können. Von der Tasse über den Eierbecher bis hin zum Lampenschirm ist da für jede und jeden etwas dabei.
In diesem Beitrag werfen wir einen Blick ins Buch und teilen eine Anleitung für eine Zitronenpresse mit Ihnen.
Zu Beginn möchte ich die Autorin zitieren, die sich zu diesem Objekt wie folgt äußert: «Spezialformen wie diese zu drehen ist wirklich ein Erfolgserlebnis. Erst fühlt sich alles etwas außer Kontrolle geraten an, und plötzlich ist das Teil fertig! Die ersten Drehschritte verlaufen anders als bei den bisherigen Projekten. Zunächst wird eine Art Donut geformt.
Machen Sie mehrere Versuche, bis Sie sicher sind, dass die Tonmengen in der Mitte und außen richtig aufeinander abgestimmt sind. Ich empfehle für dieses Vorhaben eine Aufsatzplatte. Beim Abdrehen werden Donsel eingesetzt. Genaueres dazu erfahren Sie im Buch auf Seite 48.» So viel sei aber schon verraten: Unter Donsel versteht man Abdrehhilfen. Diese kommen zum Einsatz, um enghalsige Objekte wie Flaschen, die ohne zusätzliche Halterung nicht von selbst stehen würden, abzudrehen. Unsere Autorin hat dafür schon allerlei Objekte zweckentfremdet – für große Projekte beispielsweise Blumentöpfe oder Eimer.
Aber nun zur Anleitung:
MATERIAL UND WERKZEUG
- etwa 600 g Ton
- hölzerne Aufsatzplatte
- Donsel (lederhart)
- Modellierholz
- hölzerne Drehschiene
- Töpfernadel
- Abdrehschlinge
- Schneidedraht
- Wasser und Schwamm
DREHEN
- Den Ton auf der Aufsatzplatte zentrieren und zu einer Scheibe abflachen. Diese in der Mitte bis zur Unterlage hindurch für eine Art Donut-Form aufbrechen.
- Mit Finger oder Daumen einen Kanal in den Tonring eindrehen. Er sollte 1,5–2 cm tief sein, kann aber später noch genauer dimensioniert werden.
- Den inneren Wulst zu einem Kegel drehen, dafür so viel von der Masse wie möglich senkrecht nach oben ziehen. Die Öffnung innerhalb des Kegels soll etwa 3 cm weit sein. Beim Arbeiten die hochwachsende Wand oben in Richtung Mittelpunkt lenken.
- Die Wandung vorsichtig weiter zu einem spitzigen Kegel einschnüren. Mehrere Durchgänge machen, bis er sich oben schließt.
- Die im Kegelinneren eingeschlossene Luft hält ihn einigermaßen stabil. Bei Bedarf wird er außen mit der Drehschiene perfektioniert und erhält eine deutliche Spitze.
- Wenn der Kegel fertig ist, den Kanal glätten. Die Außenkante leicht nach oben ziehen, damit später der ausgepresste Saft nicht abläuft. Alle Flächen versäubern.
- Den Rohling wie gewohnt von der Unterlage schneiden.
- Zum Ausgießen eine kleine Schnaupe formen. Daumen und Zeigefinger anfeuchten und am Rand eine etwa 2 cm breite Rille einbuchten. Vorsichtig ziehen, damit sie nicht zu fragil wird.
- Mit Daumen und Zeigefinger der anderen Hand die Schnaupe von unten abstützen. Auf der Oberseite mit dem Finger von innen nach außen streichen, um sie etwas zu vertiefen. Bei Bedarf den Handgriff mehrmals wiederholen, dabei nicht zu dünn werden.
- Den Rohling lederhart anziehen lassen.
Tipps
- Das Hochziehen des Kegels fühlt sich ziemlich seltsam an. Normalerweise stützen die inneren Finger sich am Boden ab, die äußeren am Drehteller. Hier ist es ganz anders. Haben Sie etwas Geduld, wenn es beim ersten Anlauf nicht gleich klappt.
- Bevor der Kegel sich oben schließt, bereits Wasser und Schlicker aus dem Inneren entfernen. Falls das nicht gelingt, ist es nicht schlimm. Da der Kegel unten keinen Boden hat, kann nichts zu weich werden und reißen.
- Vor dem endgültigen Schließen können Sie an der Spitze in den Kegel pusten, um ihn etwas mehr aufzublähen. Bitte dabei keinen Ton schlucken und den Mund anschließend gut abwaschen.
ABDREHEN
- Den Donsel auf der Scheibe zentrieren und nach Anleitung von Seite 42 befestigen.
- Den Rand des lederharten Donsels anfeuchten. Die Zitronenpresse kopfüber einhängen. Wenn sie gut zentriert läuft, vorsichtig beklopfen, damit sie am Rand der Unterlage anhaftet.
- Überschüssige Masse vom Boden abdrehen. Kegelunterseite an der Öffnung ebenfalls versäubern. Falls der Kegel noch zu massig wirkt, können Sie ihn an der Innenkante etwas stärker abdrehen. Eventuell die niedrige äußere Wandung ebenfalls leicht abdrehen. Dabei die Schnaupe nicht beschädigen.
- Alle Oberflächen mit dem Schwamm glätten. Den Rohling vorsichtig von der Unterlage heben.
FERTIGSTELLUNG
- Mit der schräg angehaltenen Ecke der Abdrehschlinge senkrechte Rillen in den Kegel einkerben. Das gelingt auch mit diversen anderen Arbeitsgeräten. Die Wirkung am besten vorab (an Tonresten) ausprobieren.
- Die ausgefransten Kanten der eingekerbten Rillen mit dem feuchten Schwamm glätten. Ebenso die Auflageflächen.
Wir wünschen viel Freude beim Nachmachen!
Fotos: India Hobson
Text: Adaptiert aus «Auf der Scheibe geformt»
Lilly Maetzig ist die Künstlerin hinter der Marke Mae Ceramics. In ihrem Londoner Studio fertigt sie Keramikobjekte für die gehobene Gastronomie und Designläden an. www.maeceramics.com