
HauptAutorin Marita Drees: Papiergarn aus alten Zeitungen
Zeitungen sind viel zu schade für die Tonne. Zeitungspapier in Garn zu verwandeln und daraus nützliche Dinge herzustellen, ist mustergültiges Upcycling. Marita Drees, Gründerin der ersten Zeitungsspinnerei Deutschlands, zeigt in ihrem neuen Buch «Papiergarn aus alten Zeitungen», wie sich mit wenig Werkzeug aus einem Wegwerfprodukt ein robustes und vielseitiges Papiergarn spinnen und mit verschiedenen textilen Techniken weiterverarbeiten lässt.
Im Interview erzählt sie uns, wie sie dazu kam und was ihr beim Schreiben des Buchs besonders viel Freude bereitet hat.
Wie kam es dazu, dass Sie angefangen haben Garn aus alten Zeitungen zu spinnen?
Mit den eigenen Händen kreativ zu sein und alten Dingen neues Leben einzuhauchen, war schon immer mein Ding. Nachdem ich im Internet zufällig die Möglichkeit entdeckt habe, aus Papier Garn zu spinnen, musste ich es einfach ausprobieren. Mir macht die Arbeit mit dem dekorativen, erstaunlich robusten und dazu noch kostenlosen Material unglaublich viel Spaß. Über meine eigenen Projekte hinaus betrachte ich es aber inzwischen als meine Mission, die Menschen mit meiner Begeisterung für Zeitungsgarn anzustecken.

Foto: Fabrizio Zago
Worauf muss man beim Verarbeiten von Zeitungsgarn besonders achten?
Besonders wichtig ist es, die Zeitung in der richtigen Richtung zuzuschneiden, denn nur so wird es reißfest. Im Vergleich zu Textilgarnen ist es etwas störrischer und kann zu Anfang auch durchaus einmal reißen, darum sollte man ein wenig Geduld mitbringen, um sich mit dem Material vertraut zu machen. Die meisten Menschen kommen aber sehr gut damit zurecht.
- Foto: Fabrizio Zago
- Foto: Fabrizio Zago
Mit welcher Handarbeitstechnik verarbeiten Sie Zeitungsgarn am liebsten – und weshalb?
Zwar lässt sich Zeitungsgarn mit sämtlichen Techniken verarbeiten, die man von anderen Garnen kennt, ich entscheide mich aber meist für das Häkeln. Zum einen liebe ich die rustikale Optik, zum anderen werden die Produkte durch das Häkeln besonders stabil und widerstandsfähig.
- Foto: Fabrizio Zago
- Foto: Fabrizio Zago
Sie schreiben, dass Sie früher zusammen mit einer Freundin private Gartenanlagen pflegten und gestalteten. Haben Sie eine Möglichkeit gefunden, Ihre Leidenschaft für Gärten mit Ihrer Liebe zum Papiergarn zu verbinden?
Ich habe das Glück, einen großen Garten mit Stauden, Rosen und Blühsträuchern sowie einen Gemüsegarten zu haben. Hier gibt es immer viel zu tun, so dass ich meine Gartenleidenschaft ausgiebig ausleben kann. Den Garten beziehe ich auch in meine Ausstellung ein. Die Besucher können, selbstverständlich bei passendem Wetter, viele Zeitungsobjekte und Langzeitexperimente entdecken und es sich bei einem Tässchen Kaffee in einer der Sitzecken gemütlich machen.

Foto: Fabrizio Zago
Was hat Ihnen am Schreiben des Buchs besonders viel Freude bereitet? Was haben Sie gelernt?
Mich zu Beginn der Corona-Pandemie auf das Schreiben zu konzentrieren, lenkte perfekt von der plötzlichen Ruhe ab. Ich hoffe, dass es mir gelungen ist, meine Begeisterung für die Arbeit mit Papiergarn zu transportieren. Ich habe mich sehr über die Text- und Gestaltungsfreiheit sowie die angenehme und unkomplizierte Zusammenarbeit mit Ihnen als Verlag gefreut. Viel Freude haben auch die tagelangen Fotoshootings mit Fabrizio Zago gemacht, ohne seine wunderbaren Bilder wäre mein Buch undenkbar. Es war mit vorher nicht bewusst, wie viel Zeit und Akribie das Fotohandwerk erfordert. Ganz nebenbei konnte ich auch noch einige italienische Vokabeln lernen.

Foto: Fabrizio Zago
Haben Sie ein Lieblingsprojekt, das Sie aus Zeitungsgarn gefertigt haben? Wenn ja, welches?
Wenn ich mich für ein Lieblingsprojekt entscheiden muss, wähle ich wegen seiner Dimension, des großen Arbeitsaufwands und der Symbolkraft das Wandbild „Lebenskreis“ aus Seil und Schnur mit einem Durchmesser von einem Meter. Immer wieder gerne fertige ich aber auch gehäkelte Tiere von der Maus bis zum Elefanten und die besonders bei Journalisten beliebten Zeitungsenten an.
- Foto: Fabrizio Zago
- Foto: Fabrizio Zago
Marita Drees ist ausgebildete Erzieherin und hat 2017 Deutschlands erste und bisher einzige Zeitungsspinnerei gegründet. Sie liebt es, Menschen mit ihrer Leidenschaft für das ungewöhnliche Handarbeitsmaterial «Zeitungsgarn» anzustecken und sogenanntem Altpapier neues Leben einzuhauchen. In ihrem offenen Atelier im Münsterland gibt sie Workshops, sie hält Vorträge und leitet Kurse an Bildungseinrichtungen und nimmt an Ausstellungen sowie Kunsthandwerkmärkten teil.