
In zweiter Auflage erschienen: Der gestaltete Naturgarten
Bei meiner Arbeit standen immer die Menschen im Mittelpunkt, die den Garten später nutzen werden. Es war mir wichtig, den Naturgarten nicht einfach als ein Aneinanderreihen von Biotopen zu sehen, sondern jeden Garten individuell von Grund auf zu gestalten. Es ist die Verbindung von Natur und Design, die meine Gärten auszeichnet: Die Menschen sollen sich darin wohlfühlen und zusammen mit Pflanzen und Tieren in einer friedlichen Symbiose leben können. (Peter Richard)
Das Buch «Der gestaltete Naturgarten» ist vor Kurzem in der zweiten Auflage erschienen. Darin hat Autor und Landschaftsgärtner Peter Richard seine Erfahrungen und Erkenntnisse aus mehr als 35 Jahren Tätigkeit im Bereich der Gartengestaltung niedergeschrieben. Sie finden darin jede Menge Anregungen und praktische Tipps zur Realisierung des eigenen Naturparadieses.
Nachfolgend eröffnet der Autor Ihnen Einblicke in einzelne Kapitel und Themen seines Buches. Viel Vergnügen beim Lesen!
Aus meinem Leben

Naturgärtner aus Liebe zu den Pflanzen und zur Natur – 35 Jahre Erfahrung im Naturgartenbereich sind im Buch «Der gestaltete Naturgarten» zusammengefasst.
Ich bin in einer Gärtnerfamilie aufgewachsen. Mein Vater, ursprünglich gelernter Baumschulist, führte einen kleinen Gartenbaubetrieb. Nebenbei frönte er seinem Hobby und kultivierte auf zwei Grundstücken selber Bäume und Sträucher, er hatte also noch eine kleine Baumschule. In diesen Pflanzungen verbrachte ich letztlich meine Kindheit. Ich half mit, Stecklinge zu schneiden und in Frühbeetkästen zu stecken, Sträucher und Bäume umzupflanzen, zu schneiden und zu stattlichen, verkaufsfertigen Pflanzen zu ziehen. Später war ich auch oft bei Pflanzungen in den Gärten dabei und entwickelte eine Leidenschaft für alle Pflanzen. Die Stunden in der Baumschule sind für mich bis heute die intensivste und schönste Kindheitserinnerung. Mit meinem Vater zusammen draußen zu arbeiten, hat meine Liebe für das Lebendige und insbesondere für alle Pflanzen genährt. Mit 15 Jahren begann ich eine Lehre als Landschaftsgärtner und arbeitete danach einige Jahre als Gruppenleiter. Ich baute Neuanlagen, Umänderungen und war im Unterhalt tätig. Es war damals die Zeit der Eisenbahnschwellen. Als Böschungssicherungen, Einfassungen für den Gemüsegarten und Kinderspielbereiche wurden sie in fast allen Gärten eingesetzt. Mittlerweile weiß man, dass die Imprägnierungen hochgiftig sind. Eine weitere Zeiterscheinung waren Massenbepflanzungen mit gebietsfremden Pflanzen. Was heute mit Schotter abgedeckt wird, bepflanzte man damals mit Teppichmispel, zum Beispiel mit Cotoneaster dammeri ’Radicans’. So schaffte man langweilige und letztendlich für die heimische Fauna wertlose Flächen. Aber immerhin waren diese Flächen im Gegensatz zu den modernen Schottergärten noch grün!
Zusätzlich begann ich, mich für Umweltthemen zu interessieren, und engagierte mich in verschiedenen Organisationen. Für mich war bald klar, dass ich auf keinen Fall weiterhin «grüne Wüsten» bauen und pflegen wollte. Im Rahmen einer Weiterbildung an einer Fachschule kam ich das erste Mal mit dem Thema Naturgarten in Kontakt. Es waren damals schon einige Pioniere in dieser Richtung unterwegs und mit dem Buch «Naturgarten» von Urs Schwarz wurde in der Schweiz der Grundstein gelegt, dieses Thema auch öffentlich zu diskutieren. In Gärtnerkreisen hatte man damals höchstens ein müdes Lächeln übrig, wenn vom Thema Naturgarten die Rede war. Wahrscheinlich hatte man einfach Angst, dass durch die Gestaltung von naturnahen Gärten der Beruf des Gärtners überflüssig werden würde. Im Rahmen meiner Abschlussarbeit zu diesem Thema lernte ich verschiedene Vertreter der Naturgartenbewegung kennen, unter anderem Andreas Winkler, der in der Ostschweiz damals die ersten naturnahen Privatgärten zu planen und bauen begann. Bei einem Besuch konnte ich mir zum ersten Mal solche Gärten in natura anschauen. Es war Liebe auf den ersten Blick! Schon nach dem ersten Garten war mir klar, dass ich in Zukunft nichts anderes mehr machen würde. So kam ich also nach Wängi in den Thurgau, um das Naturgärtnern zu lernen und zusammen mit dem Pionier Winkler den Betrieb aufzubauen. […]
NATURNAH GÄRTNERN
Naturgartengestaltung – ein Widerspruch?
Wild, chaotisch und unstrukturiert, so stellen sich viele Lai:innen einen Naturgarten vor. Fachleute verbinden ihn mit dem Begriff Biodiversität, vielleicht auch noch mit der Vorstellung, Landschaften in Klein abzubilden. Kaum jemand assoziiert den Naturgarten mit Design, der formgerechten und funktionalen Gestaltgebung. Obwohl dieser Gesichtspunkt bereits im Wort Naturgarten mitschwingt: eine Verbindung von Natur und Garten. Eine Symbiose von natürlicher Dynamik und menschlicher Gestaltung – genau so sehe ich den Naturgarten. Naturgärten, wie ich sie gestalte, sind weder abgebildete Landschaften noch imitierte Naturbiotope. Vielmehr sind sie gestaltete Lebensräume für Mensch, Tier und Pflanze. Oder mit einem Bild gearbeitet: Dem Kind, welches im Sandkasten spielt, ist es egal, ob der Sandspielbereich eine geradlinige oder geschwungene Form hat, solange es viel Sand gibt, in dem man tief graben kann. Genauso ist es dem Grasfrosch egal, ob ein Teich rund oder eckig ist. Was für ihn zählt, ist, dass sein Lebensraum seinen Nachkommen eine Möglichkeit zur Entwicklung und zum Überleben bietet. Die äußere Form sagt nichts über die Natürlichkeit eines Gartens aus. […]
Damit ein Garten mit dem Haus ein harmonisches Ganzes bildet, sollte seine Form in erster Linie durch die Topografie und die Architektur des Hauses bestimmt sein. In zweiter Linie durch den Geschmack des oder der Gestaltenden. […] Eine gute Grundgestaltung unterliegt keiner Gartenmode und kann im Lauf der Jahre ergänzt und in den Details verfeinert werden, ohne die Grundform des Konzepts zu ändern. Beim Anlegen eines Naturgartens geht es wie bei jedem anderen Gartentypus um räumliche Gestaltung. Hinzu kommt jedoch der Anspruch, eine Grundlage zu schaffen, damit sich Lebensgemeinschaften entwickeln können, die sowohl Pflanzen als auch Tieren als Nahrungsgrundlage und Zuhause dienen. Dies erreicht man nicht durch geschwungene Linien oder Imitation von Landschaft, sondern durch die Ansiedlung von Pflanzengemeinschaften, die heimisch sind und sich über Jahrzehnte entwickeln können. Meine Gärten sind allesamt gestaltet. Für jeden Garten gibt es einen Plan, ein Konzept, das die äußere Form des Gartens und seinen Inhalt, die «Pflanzenkompositionen», festhält. Ich kann mir nicht vorstellen, einen nachhaltigen und schönen Garten zu bauen, ohne vorher konzeptionelle Arbeit zu leisten. […]

Natur muss nicht an der Hausmauer aufhören, sie kann an der Fassade weitergehen.
PLANUNG – SCHRITT FÜR SCHRITT ZUM EIGENEN NATURGARTENKONZEPT
Träume und Wünsche als Basis für ein individuelles Gartenkonzept:
Gedankenarbeit, die glücklich macht
Zugegeben, es gibt kaum eine schönere Tätigkeit, als Gärten zu entwerfen. Allerdings ist diese Entwurfsarbeit oft mit einem Mythos behaftet, der die Sache nicht ganz trifft. Entwurf ist harte Arbeit. Nach der Grundlagenbeschaffung kommt jetzt der zweite Teil, die Entwicklung des Konzeptes. Ein gutes Naturgartenkonzept ist eine Symbiose aus den Qualitäten des Ortes verbunden mit den Wünschen und Bedürfnissen der Menschen, die den Garten später nutzen. Es ist die Grundlage für Entfaltung und Dynamik. Der Ort, an dem der Garten liegt, muss in das Konzept mit einfließen. Ein Garten in der Stadt kann nicht gleich aussehen wie ein Garten auf dem Land. Ein Grundstück außerhalb der Bauzone muss viel stärker auf die Umgebung und die Geschichte des Ortes Rücksicht nehmen als ein Grundstück in einem dicht bebauten Einfamilienhausquartier. Der Ort gibt eine grundlegende ästhetische und formale Richtung vor. […]
Räumliches Konzept – den Garten in Zimmer einteilen
Stellen Sie sich Ihren Garten als offenen Raum vor, wie ein Haus ohne Zwischenwände. In diesem Raum richten wir verschiedene Zimmer ein – ganz genau so wie wir das auch im Haus machen. Selbstverständlich sind diese Gartenzimmer auf die jeweilige Nutzung ausgerichtet. So gibt es beispielsweise ein schattiges Zimmer für heiße Sommertage, eines für den Anbau von Beeren und Gemüse, eines zum Spielen, eines mit einer Außenfeuerstelle – und verschiedene kleine Nischen, in die wir uns zurückziehen können. Im Hotelgarten können dies verschiedene Liege- und Rückzugsorte sein, ein Raum für Spiel und Sport, ein Duftgarten zum Wandeln oder ein Kräutergarten, wo jene Kräuter wachsen, die im Restaurant serviert werden.

Gartenzimmer schaffen Raum für die unterschiedlichen Bedürfnisse der Gartenbenutzer:innen. So gibt es zum Beispiel einen Wohnbereich nahe beim Haus, einen Sommersitzplatz, der von einem Baum beschattet wird, eine Sitznische, um sich zurückzuziehen, und einen Bereich, in dem Beeren und andere Nutzpflanzen angebaut werden.
Gartenzimmer schaffen Raum für die unterschiedlichen Bedürfnisse der Gartenbenutzer:innen. So gibt es zum Beispiel einen Wohnbereich nahe beim Haus, einen Sommersitzplatz, der von einem Baum beschattet wird, eine Sitznische, um sich zurückzuziehen, und einen Bereich, in dem Beeren und andere Nutzpflanzen angebaut werden.
Auf unserem Grundlagenplan zeichnen wir die verschiedenen Gartenzimmer ein und prüfen, ob die gewünschte Nutzung mit den mikroklimatischen Bedingungen harmoniert. Wir prüfen die Größe der Räume, denn in einem sehr großen Zimmer fühlen sich einzelne Menschen oder kleine Gruppen schnell unwohl. Dabei nutzen wir auch Flächen, die auf den ersten Blick nicht sehr attraktiv erscheinen, zum Beispiel eine Fläche auf der Nordseite des Hauses, die praktisch immer im Schatten liegt. Hier kann für den Hochsommer ein wunderbarer Sitzplatz eingerichtet werden, der selbst bei großer Hitze angenehm kühl bleibt. Oder ein Streifen an der Grenze zum Nachbarn, den wir mit Spalierobst oder Beerenpflanzen sehr gut nutzen können, obwohl es nur ein schmales Stück Land ist. Gerade in der heute verbreiteten, verdichteten Bauweise ist es wichtig, den Raum sinnvoll und umsichtig zu nutzen. Es lohnt sich, das räumliche Konzept mehrmals genau zu prüfen: Wurden alle Wünsche und Bedürfnisse wirklich berücksichtigt? Nutzt man den verfügbaren Raum gut aus? Hat es um den großen Esstisch herum genügend Platz, damit man sich frei bewegen kann? Sind ausreichend Nischen zum Verweilen eingeplant? Ein Garten kann nie zu viele Sitzplätze und Nischen haben, wenn wir ihn das ganze Jahr über nutzen wollen. Kleine Sitzmöglichkeiten an einer geschützten Hauswand erlauben es auch im Winter, bei Sonnenschein draußen zu sein. Im Sommer benötigt man Plätze, die natürlich beschattet werden und bei Hitze genügend Schutz vor direkter Sonneneinstrahlung bieten. Die Einteilung in verschiedene Zimmer lässt den Garten groß und vielfältig erscheinen. […]
VORBEREITUNG – VOM KONZEPT AUF DEN BODEN DER TATSACHEN
Das Terrain vorbereiten:
Pflanzen schützen und bergen

Bäume und Sträucher werden sorgfältig umgraben und der Ballen wird vollständig frei gelegt. In der Regel wird diese Arbeit von Hand aus geführt, bei größeren Exemplaren kommt ein Kleinbagger zum Einsatz. Pflanzenballen, die transportiert oder über längere Zeit eingeschlagen werden, müssen mit einem Jutetuch (Ballentuch) gesichert werden.
Die ersten praktischen Handgriffe bei einer Gartengestaltung gelten den Pflanzen. Gewächse, die erhalten bleiben, werden fachgerecht geschützt oder bis zur Wiederverwendung an einem anderen Ort eingepflanzt. Wer schon einen Garten hat, weiß, wie lange es dauert, bis Bäume und Sträucher eine gewisse Größe erreicht haben. Besonders ältere Exemplare können, wenn sie schon mehr als zehn Jahre am gleichen Ort stehen, nur schwierig oder gar nicht verpflanzt werden. Wird neu gebaut oder der Garten umgebaut, müssen sie geschützt werden. Am einfachsten ist es, einen Bretterzaun um die Bäume herum aufzustellen. In erster Linie geht es darum, den Wurzelbereich zu schützen. Dieser darf weder mit schweren Maschinen befahren, noch dürfen dort Materialien gelagert werden. Der Zaun hat die Dimension des Kronenumfangs, der in etwa der Größe des Wurzelbereichs eines Baumes entspricht. Notwendige Schnittmaßnahmen, zum Beispiel, wenn die Krone im Bereich eines Gebäudes liegt, müssen sorgfältig und sachgemäß ausgeführt werden. Jede Schnittstelle ist ein potenzieller Krankheitsherd und muss vom Baum mit viel Energie abgeschottet und verwachsen werden. Bäume, die späteren Bauten im Weg stehen und stark zurückgeschnitten werden müssten, sollten besser gefällt und durch junge Bäume ersetzt werden. Stehen erhaltenswerte Pflanzen in einem Bereich, der von den Bauarbeiten beeinträchtigt ist, werden sie geborgen. Das heißt, sie werden sorgfältig mit genügend Wurzelmasse ausgegraben, zurückgeschnitten und an einem sicheren Ort eingepflanzt. Ist dies nicht möglich, können sie auch in Töpfen zwischengelagert werden. Nach dem Ausgraben ist ein Rückschnitt wichtig. Reduziert man Wurzelmasse, muss auch Blattmasse entsprechend reduziert werden. Wird dies nicht gemacht, ist die Gefahr, dass die Pflanze den Umbau nicht überlebt, viel größer. Bis die Pflanzen an ihren Bestimmungsort umziehen, müssen sie regelmäßig gegossen werden.
Ein Quittenbaum zieht zweimal um
In unserem Garten steht ein stattlicher Quittenbaum, der schon zweimal mit uns umgezogen ist. Meine Frau bekam diesen Baum von ihrem Vater geschenkt, deshalb hat die Quitte einen hohen emotionalen Wert. Beim ersten Umzug war das Bäumchen erst einige Jahre alt, klein und hübsch und ließ sich problemlos umpflanzen. In diesem Garten stand es sieben Jahre, blühte, trug die ersten Quitten und wuchs zu stattlicher Größe heran. Auch beim zweiten Umzug musste der Quittenbaum natürlich mit. Um für die Verpflanzung die besten Voraussetzungen zu schaffen, gruben wir den Baum im Herbst aus, lösten alle Wurzeln und setzten ihn am gleichen Ort wieder ein. Das war notwendig, weil der Baum im kommenden Sommer verpflanzt werden sollte: Bis zum nächsten Sommer hatte er dort, wo wir ihn abgestochen hatten, neue, feine Wurzeln geschlagen und ließ sich ohne Umstände aus der Grube heben und verladen. Am neuen Ort wurde der Baum sofort eingesetzt und regelmäßig bewässert. Das heißt, er erhielt zweimal in der Woche eine Wassergabe von je 100 Litern. Die Baumscheibe säten wir mit Blumenwiese an und pflanzten Dichter- Narzissen, die nun jedes Jahr im frühen Frühling für eine wunderbare Blüte sorgen. Der Baum steht jetzt seit sieben Jahren in unserem neuen Garten. Er ist mittlerweile hoch und breit und nicht mehr wegzudenken – als Schattenbaum für meine Frau und mich und als Kletterbaum für unsere Kinder. Vor zwei Jahren trug der Baum so viele Früchte, dass wir die Äste mit Stöcken und Pfählen stützen mussten, damit sie nicht zusammenbrachen.
MAUERN, TREPPEN, WEGE – INFRASTRUKTUR IM GARTEN
Wege und Plätze – Räume erschließen und verbinden:
Recyclingbeläge

Aus gebrauchtem und altem Material lassen sich wunderbare Wege und Plätze bauen.
Ein ungewohnter und noch nicht weit verbreiteter Belag wird aus recyceltem Material zusammengefügt. Mit etwas Übung und Geschick entstehen sehr individuelle, vielseitige Böden, die auch den Ansprüchen an Dauerhaftigkeit genügen. Verwendet werden ebenmäßige Materialien aus Kunst- und Natur stein oder Klinker. Meist sind es Materialien, die schon einmal verwendet wurden und im Zuge eines Umbaus zurück gebaut werden. Andernfalls ist es Ausschuss aus der Produktion, der kleine Fehler aufweist. Betonsteine, alte Natursteinplatten, Waschbetonplatten und viele weitere Materialien finden so eine sinnvolle Wiederverwendung und müssen nicht entsorgt werden. Der Materialpreis ist verschwindend klein. Die Aufbereitung und Aussortierung des Materials sowie das Verlegen sind jedoch aufwändiger als bei Plattenbelägen «von der Stange».
Mauerarten und Treppenvarianten:
Trockenmauern aus Lesesteinen

Auf den ersten Blick eine einfache Bauweise; das saubere Ineinanderfügen der unförmigen Steine ist allerdings nicht zu unterschätzen.
Ein Grundprinzip der Lesesteinmauer ist, dass mit dem vor Ort vorhandenen Material gearbeitet wird. Bei einem Neu- oder Umbau ist das kaum möglich, weshalb diese Art Mauer in Gärten eher selten ist. Eine abgewandelte Form dieser Mauerart ist der Lesesteinhaufen. Aus vorhandenen runden und eckigen Steinen oder aus Recyclingmaterial wird ein Haufen – es kann auch ein Kubus oder eine andere Form sein – lose geschichtet. Die Hohlräume dürfen auf keinen Fall mit Kies aufgefüllt werden, damit sie Tieren als Unterschlupf dienen. Der Steinhaufen kann mit typischen Trockenmauerstauden bepflanzt werden. Allerdings sollte die der Sonne zugewandte Seite möglichst vegetationsfrei bleiben, damit er als Lebensraum für wärmeliebende Tierarten funktioniert. Lesesteinhaufen sind übrigens auch eine Möglichkeit, einen Standort im Garten zu schaffen, der einer Trockenmauer ähnelt, wenn man für eine Mauer keinen Platz oder keinen Bedarf hat.
GARTENHAUS, LAUBE UND CO. – GESCHÜTZTE ORTE IM GARTEN
Ein schützendes Dach über dem Kopf:
Pavillons und Lauben aus Pflanzen
Hierbei handelt es sich vermutlich um die einfachste und älteste Art, sich ein «Haus» zu bauen, oder besser gesagt, wachsen zu lassen. Bereits ein Hochstammbaum, der zu einem Schirm gezogen ist, kann als Pergola gesehen werden. Allerdings gibt es kühnere Bauwerke aus lebenden Pflanzen: Weidenhäuser, Laubengänge aus geschnittenen Hainbuchen, Tanzlinden oder Gartenpavillons aus Hecken und Bäumen. Wer genügend Geduld und Zeit mitbringt, kann sich seine Gartenlaube über Jahre wachsen lassen. Am schnellsten geht es mit Weidenarten. Diese Pflanzen wachsen schnell und schon nach wenigen Jahren ist die Laube oder der Spieltunnel fertig. Allerdings ist der Aufwand für den Schnitt und das Flechten der Weiden nicht ganz unerheblich. Die Weide ist ein Lichtgehölz und wächst ausschließlich an sonnigen Standorten. Aus diesem Grund ist es wichtig, die neuen Triebe sofort zu formieren oder zu schneiden, damit die alten Äste nicht beschattet werden. Partien, die über längere Zeit im Schatten stehen, sterben ab und lassen Lücken im Pavillon zurück, die sich nur schwer wieder schließen lassen. Dieser Umstand führt leider oft dazu, dass Weidenhäuser nach kurzer Zeit wieder abgebrochen beziehungsweise abgesägt werden.
Aus Hain- oder Rotbuchen oder aus Feldahorn lassen sich ebenfalls individuelle Gartenhäuser oder Laubengänge fertigen. Auch hier ist es wichtig, dass die Bäume und Sträucher regelmäßig geschnitten und gezogen werden. Das Mikroklima in einer solchen Naturlaube ähnelt dem eines wunderbar kühlen Waldes. In einem heißen Sommer gibt es nichts Schöneres, als unter einem Baum oder einem mit Pflanzen bewachsenen Dach zu sitzen. Um die Sträucher und Bäume in Form zu bringen, hilft eine einfache Konstruktion aus Stahl, an der die Ruten gezogen werden können. Ein wichtiges Argument spricht für den «Bau» einer solchen Pflanzenlaube: Man benötigt dafür üblicherweise keine Baugenehmigung und muss einzig die Grenzabstandsbestimmungen für Bäume und Sträucher einhalten.
WASSERELEMENTE – FASZINIEREND ERFRISCHEND
Der Stoff, aus dem das Leben kommt:
Wasserschalen und bepflanzte Gefäße
Eine weitere, einfache Möglichkeit, das Element Wasser in den Garten zu bringen, sind Gefäße aus Metall, Ton, Naturstein, Beton oder Kunststoff. Das können Pflanzgefäße sein, deren Abflusslöcher verschlossen werden, oder alte Wascheimer aus Metall oder Kunststoff. Wer einen Balkon oder eine Terrasse mit eingebauten Pflanztrögen hat, kann einen der Tröge mit einer Kunststofffolie, wie sie für Teiche verwendet wird, abdichten und einen kleinen Wassertümpel anlegen. Wichtig ist, dass all diese Gefäße bepflanzt werden, weil sich sonst das stehende Wasser in wenigen Tagen in eine unansehnliche und übel riechende Brühe verwandeln würde. Dazu schüttet man einfach etwas Kies (Betonkies) mit einer Körnung zwischen 0 und 30 mm in das Gefäß oder füllt im Handel erhältliche Teicherde (keine Blumenerde!) in den Topf. Eine Schicht von 15 bis 20 cm reicht, um dort Pflanzen anzusiedeln. Je nach Tiefe des Gefäßes können nun Wasser- und Sumpfpflanzen wie Sumpf-Schwertlilie, Schwanenblume oder Froschlöffel eingesetzt wer den. Bei größeren Gefäßen können auch Unterwasserpflanzen wie Laichkraut, Wasserschlauch oder Zwergseerosen mit in das Gefäß gepflanzt werden. Man sollte jedoch nicht zu viele setzen, denn Wasserpflanzen wachsen schnell und üppig. Für einen Topf mit einem Durchmesser von 50 cm genügen vier bis fünf Pflanzen.

Eine Möglichkeit besteht darin, das Bachbett als architektonisches Element in den Garten zu bauen. Der Stahlbrunnen ist in diesem Fall die Quelle. Das Wasser fließt langsam durch ein mit Steinen ausgestaltetes und bepflanztes Becken und mündet in einen Gartenteich. Von dort wird das Wasser mit einer Pumpe wieder zur Quelle befördert.
Nach dem Pflanzen füllt man das Gefäß mit Wasser, wenn möglich mit Regenwasser, bis knapp unter den Rand auf. Wenn der Mini-Wassergarten nicht überdacht steht, muss normalerweise kein zusätzliches Wasser nachgefüllt werden – extreme Trockenperioden ausgenommen. Sinkt der Pegel doch einmal, wird auch hier wenn möglich Regenwasser genutzt. Das Wasser im Topf sollte nicht ausgetauscht werden, weil sich mit der Zeit eine Wasserbiologie einstellt, die unter anderem dafür sorgt, dass die Wasserqualität stabil bleibt. Wer eine gewisse Vielfalt an Pflanzen ansiedeln möchte, kann mehrere solche Gefäße nebeneinander aufstellen. Die kleinen Wasserbehälter sollten im Garten oder auf der Terrasse so platziert werden, dass sie für Katzen nicht zugänglich sind.
FEUER- UND LICHTELEMENTE – DEN GARTEN IN SZENE SETZEN
Lichtverschmutzung – Kehrseite der Medaille
Licht ist erhellend und schön. Es gibt einem das Gefühl von Sicherheit, wenn ein Weg oder eine Treppe beleuchtet ist. Licht kann aber auch stören und sogar krank machen. Aus diesem Grund muss die Beleuchtung zusammen mit dem Garten von Grund auf geplant werden. Störend wirken Leuchten, die direkt in Wohnbereiche strahlen oder die Nachbarhäuser in Mitleidenschaft ziehen. Kunstlicht stört nachtaktive Tiere, behindert astronomische Beobachtungen und kann Gesundheit und Wohlbefinden von Mensch und Tier beeinträchtigen. Folgende Maßnahmen verringern mögliche negative Auswirkungen von künstlicher Beleuchtung:
- Funktionale Beleuchtung sollte durch einen Bewegungsmelder oder durch Schalter mit zeitlicher Begrenzung gesteuert werden. Bewegungsmelder sollten so angebracht werden, dass sie ausschließlich durch menschliche Bewegungen ausgelöst werden.
- Leuchten und Leuchtmittel mit niedrigem Stromverbrauch und geringer Lichtstärke verwenden.
- Die verwendeten Leuchten sollten möglichst gut abgeschirmt und punktgenau ausgerichtet werden.
- Es sollten ausschließlich Leuchten mit einer Abdichtung ausgewählt werden, damit keine Insekten oder Spinnen eindringen können.
- Die Stimmungsbeleuchtung sollte auf keinen Fall länger eingeschaltet bleiben, als wir den Garten nutzen. In der Nacht wird diese Beleuchtung komplett ausgeschaltet, zum Beispiel mittels Zeitschaltuhr.
- Es sollten nur hochwertige Leuchten und Leuchtmittel mit einer langen Lebensdauer verwendet werden (Entsorgung der Leuchtmittel und der Leuchten).
- Zum Schutz von nachtaktiven Insekten sollten für die Außenbeleuchtung ausschließlich LED- oder Natriumdampf-Hochdrucklampen verwendet werden.
Es ist mir ein Anliegen, dass auch in Zukunft möglichst viele Gärten naturnah gestaltet werden – egal ob dies mit einer Naturgartenfachperson geschieht oder ob Gartenbesitzer:innen selber zum Spaten greifen!
(Peter Richard)
Fotos: © Peter Richard
Text: adaptiert aus «Der gestaltete Naturgarten», 2. Auflage.
Peter Richard, 1961 geb., Landschaftsgärtner und Gartengestalter. Nach der Lehrzeit arbeitete er in verschiedenen Betrieben und erkannte rasch, dass der konventionelle Gartenbau nicht seinen Lebensinhalt bilden sollte. Er ist heute Inhaber eines auf Naturgartengestaltung spezialisierten Unternehmens in der Schweiz.