
Kreativ unter freiem Himmel: Zwei Projekte in Stadt und Natur
Warum nicht mal das Atelier oder den Schreibtisch verlassen und ohne Zugriff auf die Materialsammlung und den Computer, dafür mit «Scannerblick» und Skizzenbuch unter freiem Himmel unterwegs sein? Draußen findet sich eine Fülle von Materialien, man trifft auf besondere Wetterverhältnisse oder interessante Orte – und begegnet anderen Menschen. Roberta Bergmann stellt in ihrem neuen Buch «Kreativ unter freiem Himmel» Projekte in der freien Natur oder mitten in der Stadt vor, die einzeln oder in Gruppen ausgeführt werden können. Mit Kamera und Zeichenstift, aber auch mit Sonne, Wasser, Schnee und Wind entstehen zum Beispiel Assemblagen, Eisskulpturen oder fotografische Lichtzeichnungen im Dunkeln. Die zahlreichen innovativen Techniken und Experimente regen garantiert zu weiteren Kreationen an!

© Roberta Bergmann
Zwei Projekte stellen wir Ihnen im Folgenden vor. Dabei ist sowohl für kreative Stadtmenschen als auch für Naturliebhaber:innen etwas dabei:
MOSAIKBILDER LEGEN
Wie wäre es, wenn Sie beim nächsten Spaziergang einmal ganz genau schauen, was sich am Wegesrand und am Boden vor Ihnen für Schätze finden lassen? Bestimmt werden Sie schnell fündig werden und können schon bald Ihr eigenes Mosaikbild legen. Ein paar Ideen, wie das dann aussehen könnte und welche Techniken und Materialien Sie verwenden können, gibt Roberta Bergmann – und diese wollen wir Ihnen hier natürlich nicht vorenthalten.
Materialien:
- Naturmaterialien wie Äste, Zweige, Blüten, Blütenblätter, Früchte, Blattwerk (Wichtig: Am besten von einer Sorte gleich 10-20 Stücke sammeln, z.B. 20 Tannenzapfen.), farbiges Papier/Karton, Handy/Kamera, Porträtvorlagen (optional)
So gehen Sie vor:
- Sammeln Sie interessant scheinende Äste, Zweige, Blüten und Blütenblätter, Früchte und Blattwerk von Bäumen und Sträuchern. (Anmerkung vom Verlag: besonders jetzt im Herbst findet man viele wunderschöne Blätter am Boden. Sollten Sie sich dennoch dazu entscheiden, frische Blätter zu pflücken, achten Sie darauf, dass Sie nicht alle Blätter von einem Zweig nehmen und dem Baum oder Strauch noch genug zum Wachsen lassen.)
- Legen Sie diese nun zu mosaikartigen Bildern auf einen monochromen, kontrastreichen Hintergrund. Spielen Sie mit Wiederholung, Rhythmus, geometrischen Formen, Symmetrie. Legen Sie Varianten und halten Sie diese mit dem Fotoapparat fest.
- Sie können auch gegenständlich und konkret werden: Nutzen Sie Ihre Sammlung, um Porträts zu legen. Das können bekannte Persönlichkeiten sein – oder Sie arrangieren mit Ihren gefundenen Materialien ein Selbstporträt.
- © Jutta Steinreiter
- © Jutta Steinreiter
Möglichst unterschiedliche Blätter und Blüten können zu «neuen Fantasiepflanzen» auf farbigem Hintergrund zusammengelegt werden. Oft bieten sich symmetrische Anordnungen an, da diese besonders harmonisch wirken. Sie können mit ähnlichen Farben spielen oder mit Kontrasten arbeiten. Anschließend können Sie Ihre Legebilder, so wie sie sind, einrahmen (auch wenn sie im Laufe der Zeit nach und nach im Rahmen vertrocknen und verblassen werden).
- © Roberta Bergmann
- © Roberta Bergmann
- © Roberta Bergmann
Auch mit Tonscherben lassen sich farbenfrohe Mosaike legen. Beim Spazierengehen fand unsere Autorin bunte Tonscherben auf einem Wanderweg. Spontan legte sie sie vor Ort zusammen. Anschließend nahm sie sie mit nach Hause und betonierte sie zu einem Boden-Mosaik.
- Vor Ort ausgelegt. © Timo Hoheisel
- Zu Hause neu auf schwarzem Karton ausgelegt. © Roberta Bergmann
- Das Mosaik wird in einem Betonbett auf dem eigenen Hof einbetoniert. © Roberta Bergmann
- Das fertige Mosaik. © Roberta Bergmann
STREETWEAR: PRINT THE STREETS
Das zweite Projekt aus «Kreativ unter freiem Himmel», das wir Ihnen hier vorstellen möchten, entführt uns in den urbanen Raum. Dort finden sich nämlich jede Menge spannende Flächen, die man mit Drucktechnik auf Textilien transferieren kann. Wie wäre es beispielsweise mit einem T-Shirt mit Luftgitterabdruck?
Materialien:
- Farbe, Walze, Pinsel, Textilien (secondhand, alt …), Wasser, Bügeleisen (im Backofen geht es ggf. auch), Lappen, Pappe, Handy/Kamera
So gehen Sie vor:
- Gehen Sie zu zweit durch die Stadt und schauen Sie sich nach abdruckbaren Flächen und Objekten des öffentlichen Raums um. Sie werden diese sehr wahrscheinlich auf dem Boden finden. Das können z.B. Gullideckel, Abstreif- und Belüftungsgitter, Pflastersteine und Beschilderungen sein.
- Nehmen Sie wasserlösliche Farbe(n), z.B. Textilfarbe, Linoldruckfarbe, Acrylfarbe und alte Kleidungsstücke mit, die Sie bedrucken wollen (alte Jeansjacke, T-Shirt, Sweatshirt, Hose etc.) Zusätzlich empfiehlt sich ein Behältnis mit Leitungswasser, um die Farbe anschließend rückstandslos zu entfernen. Ebenso braucht es einen Pinsel oder eine Farbwalze, um die Farbe aufzutragen. Die Farbe vorher, z.B. auf einem Stück Pappe auswalzen (ist sauberer, als sie direkt aufzutragen).
- Drucken Sie nun interessante Strukturen Ihres gefundenen Objekts vor Ort ab, indem Sie das Objekt mit Pinsel oder Walze einfärben und dann die Textilie auflegen, abreiben und vorsichtig abziehen. Versuchen Sie, mit sauberen Händen zu arbeiten. Waschen Sie anschließend alle Farbe vom Objekt ab.
- Bügeln Sie ggf. zu Hause auf links gedreht mit Butterbrotpapier über die Fabre, sodass sie waschfest wird.
- Dokumentieren Sie die Schritte 1 bis 4 fotografisch.
- Inszenieren Sie ein Fotoshooting für die neue Kleidung. Verstehen Sie die Kleidung als Ihre Mode-Kollektion. Denken Sie sich eine Social-Media-Fotokampagne dazu aus, die mindestens aus einer Serie von drei Bildern besteht.
Making-of-Fotos vom Abdruckprozess in der Stadt:
- © Sandy Marie Lodyga
- © Maximilian Schiefke
Im Folgenden sehen Sie das schöne Ergebnis eines Luftgitter-Abdrucks. Es kommt nicht immer auf Perfektion an. Die Stellen, an denen das T-Shirt beim Abdruck Falten geschlagen hat, wirken durch die dynamischen Formen sehr ästhetisch.
- © Elisabeth Ster
- © Julia Parzniewska
No-Gos:
- Privatgrundstücke betreten
- Privatobjekte abdrucken
- Stolpersteine und andere Gedenksteine abdrucken
- wasserunlösliche Farben verwenden
- Farben und Materialien in der Natur entsorgen
Texte adaptiert aus: «Kreativ unter freiem Himmel»
Roberta Bergmann ist Gestalterin, Künstlerin, Podcasterin und Lehrende – kurz gesagt, sie ist Kreativschaffende. Sie lehrt seit mehr als einem Jahrzehnt zu den Themen «Gestaltung» und «Kreativität», u. a. war sie wissenschaftliche Mitarbeiterin und Gastprofessorin an der Hochschule für Bildende Künste in Braunschweig. 2017 wurde sie zum «Fellow» der Kultur- und Kreativwirtschaft des Bundes ernannt, ein Ehrenamt, das nur 100 Kreative in ganz Deutschland für die Bundesregierung bekleiden durften. 2019 gründete sie die Kreativ-Plattform, den Blog und Podcast «Der kreative Flow». Roberta Bergmann stellt im In- und Ausland aus und hat diverse Preise im Bereich Kunst und Design gewonnen. «Kreativ unter freiem Himmel» ist ihr viertes Gestaltungs-Sachbuch als Autorin beim Haupt Verlag. Mehr Infos unter: www.robertabergmann.de und www.derkreativeflow.de.