
HauptAutor David Heaf: Behandlungsfrei imkern
Mitte Februar ist die deutsche Übersetzung des Buches «Treatment-Free Beekeeping» von David Heaf in unserem Hause erschienen.
«Behandlungsfrei imkern» heißt es und wie der Name schon sagt, geht es darin ums Imkern ohne Chemikalien, Pestizide oder Medikamente. Auf Grund der rasanten Verbreitung der Varroa-Milbe, die in den 1980er-Jahren ihren Weg nach Europa und Amerika gefunden hat, sehen sich bis heute die meisten Imker:innen gezwungen ihre Honigbienen durch chemische Behandlungen zu schützen, um große Völkerverluste zu vermeiden.
Der Brite David Heaf setzt sich diesem Trend entgegen. In seinem Buch fasst er alle seine Erfahrungen im Bereich des behandlungsfreien Imkerns zusammen und zeigt anhand von dreißig Imker:innen-Porträts in Europa und Amerika (darunter berühmte Namen der Varroa-Resistenz-Bienenzucht), auf welche Weisen sich dieses in der Praxis umsetzen lässt.
Wir haben das druckfrische Buch zum Anlass genommen, David Heaf gleich direkt ein paar Fragen zum Buch und zu seinem Imker-Wissen zu stellen.
Weiter unten findet sich auch noch das Originalinterview in Englisch.
IM GESPRÄCH MIT DAVID HEAF
Was hat Sie dazu bewogen, genau dieses Buch zu schreiben?
Jeremy Burbidge, Eigentümer von Northern Bee Books UK, bat mich, ein Buch mit dem Titel «Treatment-Free Beekeeping» (dt. Behandlungsfrei imkern) zu schreiben.
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Welche Auswirkungen kann ein Befall von Varroa-Milben auf eine einzelne Honigbiene haben?
Während die Milben sich von der Biene ernähren und sie dadurch schwächen, können die Varroa-Milben die Biene mit Viren wie dem Virus, welcher deformierte Flügel zur Folge hat, infizieren. Es wird oft behauptet, dass die Auswirkungen der daraus resultierenden Infektion mit einer Mischung von Viren schlimmer sind als die Auswirkungen des Milbenbefalls auf die Biene.
Warum behandlungsfreies Imkern?
In erster Linie, weil es den Honigbienen ermöglicht, sich durch natürliche Selektion an die Varroa und die von ihr übertragenen Viren anzupassen, und in zweiter Linie, weil es den Einsatz von Chemikalien und Pestiziden wie Akariziden im Bienenstock vermeidet.
Welche Bedeutung hat das Imkern für Sie persönlich?
Das Leben und Treiben eines Bienenvolkes ist äußerst faszinierend. Es gibt immer noch so viel zu lernen. Zudem ermöglichen mir meine Bienen eine bescheidene Honigernte. Die Leute kommen Jahr für Jahr wieder, um meinen Honig zu kaufen.
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In Ihrem Buch werden verschiedene Formen und Beispiele des behandlungsfreien Imkerns vorgestellt. Welche Methoden wenden Sie an?
Ich verwende naturnahe Bienenstöcke mit Naturwaben, d. h. ohne Mittelwand und mit minimalen Kunst-Eingriffen. Meine Hauptbienenstock ist einer nach dem Prinzip von Abbé Émile Warré. Er hat keine Rähmchen. Er wird erweitert, indem ich im Frühjahr leere Kästchen einfüge und im Herbst ein oder zwei Kästchen mit Honig entnehme. Auf diese Weise wird der eingebaute Wabenerneuerungsprozess gewährleistet, den die Warré-Bienenhaltung bietet. Ich lasse die Bienenvölker schwärmen. Ich fange Schwärme in Köder-Beuten (=Bienenstock-Behausungen) ein. Wenn ich genug Schwärme habe, um meine Winterverluste zu ersetzen, gebe ich sie an benachbarte Imker:innen ab. Ich verwende keine Methoden der Varroa-Bekämpfung, weder biotechnisch noch chemisch. Meine Bienenvölker dürfen daher so leben, dass sie ihrem wilden Zustand näherkommen.
Welche Rolle kommt der Fütterung der Bienenvölker in der Thematik des behandlungsfreien Imkerns zu?
Streng genommen sind Bienenvölker, die gefüttert werden, nicht «behandlungsfrei». Während ich meinen Bienen die Möglichkeit gebe, sich an die Varroa anzupassen, wiege ich die Völker im Herbst, um die verfügbaren Honigvorräte zu ermitteln, und füttere diejenigen, deren Vorräte unter einem bestimmten Gewicht liegen, nur minimal.
Kürzlich habe ich meine Bienen der natürlichen Auslese überlassen, indem ich die Herbstbeimischung eingestellt habe. Als ich neun Bienenvölker vor und nach dem Winter wog, war ich überrascht, wie wenig Honig sie im Durchschnitt verbrauchten – nur 6 kg.
Weshalb denken Sie, ist es vielerorts (z.B. in Deutschland) noch verboten, behandlungsfrei zu imkern?
Die «offizielle» Meinung, d.h. unter Bienenforscher:innen, -kontrolleur:innen usw., ist, dass Bienenvölker innerhalb von drei Jahren sterben, wenn sie nicht gegen Varroa behandelt werden. Irgendwie wurde die Verpflichtung zur Behandlung in einigen Ländern gesetzlich verankert. Im Vereinigten Königreich ist dies nicht der Fall, auch wenn die offizielle Meinung dort ebenfalls so ist, wie ich sie soeben beschrieben habe. Das Ergebnis ist aber trotzdem, dass es bei uns viele behandlungsfreie Projekte gibt.
In den Ländern, in denen die Behandlung obligatorisch wäre, ignorieren viele Imker:innen, die nicht behandeln wollen, diesen Zwang einfach. Längerfristig ist es jedoch ratsam, Lobbyarbeit zu betreiben, um das Gesetz anzupassen.
Gibt es ein besonderes Erlebnis in Bezug auf die Imkerei oder abschließende Gedanken, welche Sie hier mit uns teilen möchten?
Mein einprägsamstes Erlebnis fand im Spätwinter 2003 statt, als ich bei einem Imker:innentreffen unseres örtlichen Imkervereins zum ersten Mal einen geöffneten Bienenstock einsehen durfte. Ich habe an diesem Treffen teilgenommen, ohne die geringste Absicht, Imker zu werden …
Und noch im selben Frühjahr hatte ich bereits vier Bienenvölker.
Hinweis zum Buch:
In Deutschland besteht aktuell noch eine Behandlungspflicht gegen die Varroa. In der Schweiz wie auch in Österreich ist die Varroatose bei seuchenhaftem Auftreten meldepflichtig. Das Interesse am behandlungsfreien Imkern nimmt aber allerorten zu.
Alle Fotos: ©David Heaf
DAS ORIGINALINTERVIEW IN ENGLISCH
What made you write this very book?
Jeremy Burbidge, owner of Northern Bee Books UK, asked me to write a book called ‚Treatment-free Beekeeping‘.
What effects can an infestation of varroa mites have on a single honey bee?
While feeding on the bee, thereby weakening it, the varroa can infect the bee with viruses such as Deformed Wing Virus. It is often said that the effect of the resulting infection with a mixture of viruses is worse than the effect of the mite feeding on the bee.
Why treatment-free Beekeeping?
Primarily because it allows honey bees to adapt to varroa and its vectored viruses through natural selection, secondarily because it avoids introducing chemicals such as acaricides (pesticides) into the beehive.
What significance does beekeeping represent for you?
Mainly because the life of the honey bee colony is utterly fascinating. There is always so much more to learn. And my bees allow me a modest honey harvest. People come back year after year to buy my honey.
Your book presents different forms and examples of treatment-free beekeeping from all over the world. What forms or methods do you use?
I use nearer-natural hives filled with natural comb, i.e. foundationless (keine Mittelwand), and minimal interference. My main hive is that of Abbé Émile Warré. It has no frames. It is extended by adding empty boxes in the spring and harvesting one or two boxes full of honey in the autumn. This ensures the inbuilt comb-renewal process that Warré hive management offers. I allow colonies to swarm. I catch swarms in bait hives. If I have enough swarms to replace my winter losses, I give them to neighbouring beekeepers. I use no methods of varroa control, biotechnical or chemical. My colonies are therefore allowed live to nearer to their wild state.
What role does the feeding of bee colonies play in the issue of treatment-free beekeeping?
Strictly speaking, if colonies are fed they are not ‚treatment-free‘. While allowing my bees to adapt to varroa I have weighed colonies in autumn to estimate available honey stores and minimally supplemented those whose stores are below a certain weight. Recently I have left my bees to the full force of natural selection by stopping the autumn supplementation. By weighing nine colonies before and after winter, I have been surprised how little honey they consume on average — 6 kg.
Why is treatment-free beekeeping still not allowed in all countries? How is your personal opinion on that?
The ‚official‘ view, i.e. amongst bee researchers, bee disease controllers etc., is that colonies will die in three years if not treated against varroa. Somehow the requirement to treat has got enshrined in law in some countries. In the UK this is not so, even though the official view there is as I describe. The result is that there are many treatment-free projects all round the UK. In those countries where treatment is compulsory, beekeepers who wish not to treat simply ignore the compulsion. But in the longer term, lobbying to change the law is advisable.
Do you have a specific/significant experience with beekeeping or any final thoughts, that you would like to share with our readers?
My most memorable experience was in late winter 2003, seeing a hive opened for the first time at an apiary meeting of our local beekeeping association. I had gone there without the slightest intention of becoming a beekeeper. But by the same spring I had four bee colonies.
David Heaf promovierte 1976 in Biochemie. Nach einer Forschungslaufbahn in der Biochemie ließ er sich in NW-Wales nieder, wo er heute als Übersetzer arbeitet und mit seiner Frau Pat einen großen Gemüsegarten pflegt. Er begann 2003 mit der Imkerei. Nachdem er zuerst mit sogenannten «National»-Beuten arbeitete, wechselte er später auf Warré-Magazine. Aktuell überwintert er etwa zehn Völker. 2010 erschien sein Buch «The Bee-friendly Beekeeper» und 2013 «Natural Beekeeping with the Warré Hive», eine Anleitung zur naturgemäßen Bienenhaltung mit Warrés.