
HauptAutor Richard Wymann: Gärtnern mit Sonne, Wind und Wetter
Stimmen Wetter, Wasser und Sonneneinstrahlung, so gedeihen die Pflanzen in Ihrem Garten ganz von selbst. Ist es hingegen zu nass oder zu trocken, kalt oder windig, so bieten Blumen, Stauden und Beete einen recht kümmerlichen Anblick. Kenntnisse über Gartenwetter und Witterung sind daher im Garten von großem Nutzen. In «Gärtnern mit Sonne, Wind und Wetter» zeigt Richard Wymann, wie Sie den Einfluss von Sonne, Wind und Wetter in Ihrem Garten zum Vorteil Ihrer Pflanzen nutzen können und welche Maßnahmen helfen, deren schädliche Einflüsse einzudämmen.
Im Interview erklärt er uns, dass Prävention immer besser ist als Reaktion und worauf wir achten müssen, um für Starkregen, Frost und Trockenheit gewappnet zu sein:
Sie betreiben zusammen mit Ihrer Frau die Nutzgarteninsel Achermatte, ein Permakultur-Projekt im Oberwallis, der trockensten Region der Schweiz. Welche Wege haben Sie gefunden, mit dieser Trockenheit umzugehen?
Wenn man aus einem anderen Kanton Umgezogen ist, kennt man die örtlich spezifischen Klima- und Witterungseigenschaften am neuen Ort noch nicht gut. Als erstes gilt es, eine Beobachtungszeit vor der eigentlichen Planung durchzuführen. Wenn man Geduld hat, am besten 1 Jahr lang. Wie verteilen sich Temperatur, Niederschlag und Windeinflüsse übers Jahr? Welche Pflanzen wachsen in der Umgebung und welche Bodeneigenschaften finden wir vor? Informationen bei der heimischen Bevölkerung einzuholen, liefert auch wertvolle Hinweise. Meine Vorkenntnisse und langjährige berufliche Erfahrungen erleichterten uns dabei die Planung maßgebend. Eine vielfältige, standortgerechte Pflanzenwahl vermindert den Pflegeaufwand. Bodenverbesserungsmaßnahmen sind wichtig, um die Speicherfähigkeit von Meteowasser im Erdreich zu verbessern. Verdunstungsschutz mit Mulchabdeckung, Gründüngung, Zwischensaaten und Beschattung reduzieren den Wasserverbrauch enorm.
- Pflanzen schützen durch die Beschattung durch andere Pflanzen.
- Ein optimaler Standort für Topfminzen in der Hitze. In normalen Gartenböden wachsen Minzen problemlos. In einem heißen und trockenen Klima fühlen sie sich im Halbschatten aber wohler. Diese Topfminzen profitieren im Frühling von der Wärme der Sonne, die noch ungebremst auf sie trifft, da die Bäume vor dem Laubaustrieb noch kaum Schatten werfen. Später, in der Sommerhitze, liegt die Minze dann aber im Halbschatten des Laubes dieses Apfelbaumes.
- Fallbeispiel: Beschattung mit Mulchmaterialien schützen den Boden. Vor allem in trockenen Regionen ist Mulch wichtig, um den Boden zu beschatten und feucht zu halten, denn ein feuchter Boden kann dank der Verdunstungskälte lokal die Temperatur absenken.
Wie können wir als Gärtnerin und Gärtner am besten auf extreme Wetterverhältnisse wie langanhaltenden Trockenheit oder Starkregen reagieren?
Vorbeugende Maßnahmen durch geschickte Gartengestaltung und Pflanzenpflege sind immer besser, als wenn man bei extremen Ereignissen darauf reagieren muss. Man kann zwar Schäden nicht immer verhindern, aber sie lassen sich reduzieren. Die schon oben beschriebenen Maßnahmen und auch der Schutz vor Windeinflüssen, eignen sich besonders gut dafür, dass Kulturpflanzen Trockenzeiten besser überstehen. Das Gelände sollte man so gestalten, dass überschüssiges Wasser nach starken Niederschlägen in Richtungen geleitet wird, wo es keinen Schaden verursacht, z.B. durch Sicker- und Entwässerungsgräben oder in einen Gezeitentümpel. Auf harten undurchlässigen, offenen Böden, versickert das Wasser schlecht und es bilden sich Tümpel. An Hängen spült es durch den schnellen Abfluss auch das Erdreich weg. In einem guten durchlässigen Boden, der durch Pflanzen und Mulch abgedeckt ist, versickert das Wasser schneller und Böschungen werden vor der Erosion geschützt.
- Bei Bodenverdichtung entwickelt sich kein gesundes Pflanzenwachstum.
Welche Funktion können Hecken für den Garten übernehmen? Für welche Gärten ist es empfehlenswert, eine Hecke anzupflanzen?
Hecken verbessern immer das Mikroklima. In der Landwirtschaft oder im Nutzgarten werden trotz des Platzverlustes durch die Hecken, die Erträge gesteigert. Durch den Windschutz trocknet der Boden weniger aus und die Kulturpflanzen dazwischen dünsten weniger Wasser aus. Zu beachten ist, dass die Anordnung einer Hecke gut überlegt sein sollte, da Düsenwirkungen und unerwünschte Verwirbelungen auch nachteilig sein können. Wildhecken kann man für einen Zusatznutzen auch mit Wildobstgehölzen bepflanzen. Eine vielfältige Hecke fördert die Biodiversität. Hecken ziehen auch viele Tiere an, was den vorbeugenden Pflanzenschutz zur Schädlingsregulierung fördert, da sich ein Gleichgewicht einstellt. Viele Schadorganismen werden indirekt auch stark durch Witterungseinflüsse gefördert oder gehemmt. Eine Hecke filtert auch einen Teil unerwünschter Flugsamen und an Straßen entlang auch Feinstaubpartikel. Zudem bieten Hecken nicht nur Sichtschutz und spenden Schatten, sondern reduzieren auch die Umgebungstemperatur. Wurzelausläufer bildende Heckengehölze werden auch als Erosionsschutz in Steilböschungen angepflanzt.
- Durch Hecken Wind bremsen und die Thermik nutzen.
- Teilausschnitt aus dem Heckengarten. Obwohl die Bäume im Laufe der Zeit größer wurden, hat sich der Wasserbedarf durch die Bewässerung durchschnittlich verkleinert.
Gerade bei kälteren Temperaturen besteht die Gefahr von Frost. Welche Gestaltungsmöglichkeiten im Garten verringern die Frostgefahr?
Da kalte Luft schwerer ist als warme, sollte man frostempfindliche Pflanzen wie bestimmtes Obst nicht in Muldenlagen anpflanzen, da in Senken Kälteseen entstehen. In leicht erhöhten Lagen wird es weniger kalt. Wichtig ist auch, die Kulturen, wenn möglich, vor kalten Nordwinden zu schützen. Pflanzen dünsten im kalten Wind auch Feuchtigkeit aus, sodass sie nebst dem Erfrieren gleichzeitig auch vertrocknen können. Empfindliche Jungpflanzen sollte man zudem im Frühjahr nicht zu früh auspflanzen. Diese lassen sich aber auch vorübergehend mit einem Vlies schützen. Zudem hilft eine Beschattung in den ersten Morgenstunden, damit der schnelle Temperaturanstieg verlangsamt wird und dadurch weniger Spannungen entstehen, die auch Schäden verursachen könnten. Deshalb ergibt es auch Sinn, einen Stammschutz bei Gehölzen anzubringen und diese so zu beschatten. Dafür könnte man auch Baumstämme mit weißem Baumanstrich versehen. Dadurch wird das Sonnenlicht reflektiert und die Baumrinde weniger aufgewärmt.

Felsenkirschen sind sehr frosthart, da sie später blühen als Steinobst und daher weniger empfindlich auf Spätfrost reagieren.
Sie sagen, dass es sinnvoll sein kann, ein Beobachtungs-Tagebuch zu schreiben. Welche Informationen sollte man darin festhalten, um seinen Garten möglichst gut kennenzulernen?
- Am besten beginnt man schon vor der Planung damit, wichtige Beobachtungen zu notieren. Das können folgende sein:
Temperatur und Unterschiede im Jahresverlauf - Windstärke und Hauptwindrichtungen
- Die Niederschlagsverteilung übers Jahr
- Phänologische, alljährliche wiederkehrende Ereignisse sind besonders wertvoll (z.B. wann blüht in meinem Garten der erste Löwenzahn oder der Kirschbaum).
- Wie reagieren einzelne Pflanzen auf bestimmte Wettersituationen, z.B. sommerliche Hitze und Trockenheit oder Spätfröste im Frühjahr.
Durch viele Beobachtungen, die wir notieren, können wir über mehrere Jahre bestimmte Muster erkennen, die uns in der Pflanzenwahl und den Witterungseigenschaften bei den Gartenarbeiten durch die Erfahrungswerte unterstützen.
Wieso lohnt es sich, Saatgut aus der eigenen Region zu kaufen oder nach Lokalsorten Ausschau zu halten? Ändert sich an diesem Tipp etwas, wenn der Klimawandel weiter voranschreitet?
Es gibt viele Vorteile Saatgut aus der eigenen Region zu verwenden. Pflanzen, die immer in einer Region kultiviert wurden, haben sich über längere Zeit genetisch an das örtliche Klima bestens angepasst. Das heisst, dass diese Kulturpflanzen mit den klimatischen Gegebenheiten besser zurechtkommen, als Saatgut aus anderen Gebieten. Eine Weile werden sie auch bei Klimaveränderungen noch robuster bleiben, als fremde Arten. Kultur- und Pflegearbeiten müssten dafür allerdings angepasst werden, wie schon oben erklärt. Sicher werden einzelne Pflanzen mit den Klimaveränderungen schlecht zurechtkommen. Darum macht es natürlich Sinn, nach und nach neue Sorten auszuprobieren, die widerstandsfähiger gegenüber bestimmten Witterungseinflüssen sein können.
Zierrasen verlangt nicht nur extrem viel Wasser, sondern verursacht durch die Pflegearbeiten auch Lärm und verbraucht Energie, Herbizide, Dünger und viel Wasser. Gibt es eine ökologisch sinnvollere Alternative für die Gestaltung einer Zwischenfläche, die trotzdem noch begehbar ist?
In erster Linie stellt sich immer die Frage, welche Funktion die Rasenfläche erfüllen muss. Ein Sportplatz muss belastbarer sein als eine Zwischenfläche im Garten. Ein Zierrasen ist das beste Beispiel, dass es nichts kostspieligeres gibt als gegen die Natur zu arbeiten. Ein gewöhnlicher Hausrasen wo man auch einige Beikräuter tolerieren kann, ist sicher auch eine gute Alternative. Noch besser sind aber begehbare Kräuterrasen, die man weniger häufig mäht, nicht düngt, keine Herbizide verwendet und weniger bewässert. Gewisse Rasenkräuter bleiben auch mit weniger Aufwand gegenüber Witterungseinflüssen grüner und sind viel robuster gegenüber einem unnatürlichen Zierrasen.

Artenvielfalt schafft Stabilität und ein gutes Gleichgewicht in der Natur. Die Vielfalt ist ein Erfolgsfaktor, da durch extreme Witterungsperioden, wie hohe Temperaturen, Spätfröste, Sturm und Starkniederschläge, nie die gesamte Vegetation geschädigt wird und es dadurch immer etwas zu ernten gibt. Insgesamt wachsen ca. 600 verschiedene Kultur- und Wildpflanzen auf dem Gelände. Diese Artenvielfalt schafft zudem ein besseres Gleichgewicht bei der Schädlingsabwehr.
Und zum Schluss noch die Frage: Wie kam es dazu, dass Sie ein Buch zu Witterung und Wettergeschehen geschrieben haben? Gibt es etwas, das Sie unseren Leserinnen und Lesern mit an die Hand geben möchten?
Als Praktiker ist man nicht automatisch auch ein Buchschreiber. An Veranstaltungen wurde ich immer wieder motiviert, dass ich meine langjährigen Erfahrungen mit dem Wettergeschehen in einem Buch verbreiten sollte. Mit dem Buch habe ich eine Lücke geschlossen, die in anderen Gartenbüchern zu wenig Beachtung findet. Wenn man zuerst die wichtigsten physikalischen Eigenschaften zum Wettergeschehen versteht, kann man diese Abläufe in die Gartengestaltung und Pflanzenpflege besser einfließen lassen. Viele Fallbeispiele und Tipps zeigen praktische Möglichkeiten auf, wie man die Wechselwirkung zwischen Pflanzen und Wetter positiv beeinflussen kann. Oft weise ich auch darauf hin, dass gewisse Vorteile in der Anwendung auch Nachteile aufweisen können. Es war mir auch ein Anliegen, wenig Fremdwörter zu verwenden und alles leicht verständlich zu schreiben. So eignet sich das Buch für alle Gartenbesitzer:innen, Gärtner:innen, Planer:innen, Landwirt:innen und andere Fachleute. Über 300 fotografische Fallbeispiele, schematische Darstellungen und Skizzen erleichtern das Verständnis und die Anwendungsmöglichkeiten zu dieser Thematik.
Fotos: Richard Wymann
Richard Wymann ist gelernter Zierpflanzengärtner und Gartenbauer. Seit 2010 betreibt er zusammen mit seiner Frau auf 8000 m2 die «Nutzgarteninsel Ackermatte», ein Permakultur-Projekt im Oberwallis, der trockensten Region der Schweiz. Richard Wymann ist zudem Fachmann für Naturnahen Garten- und Landschaftsbau (NGL) sowie Kursleiter und Lehrbeauftragter an verschiedenen Institutionen.