
HauptAutorin Sonja Schwingesbauer: Natürlich schön und wild umschwärmt
Der besondere Reiz an Wildblumenbeeten ist ihr natürliches, wild-romantisches Erscheinungsbild, das jeden Garten ästhetisch und ökologisch bereichert. Und wenn wir ehrlich sind, gibt es nichts Schöneres als ein attraktives Blumenbeet, das auch die heimische Biodiversität unterstützt. Wie man solche Beete plant und anlegt, und welche tierischen Freunde man so in den eigenen Garten einlädt, zeigt Sonja Schwingesbauer in ihrem Buch «Natürlich schön und wild umschwärmt».
Im Interview erklärt sie uns, warum Wildblumenbeete weit mehr als nur schön sind und was sie unter Laissez-faire-Gärtnern versteht.
Warum brauchen wir attraktive Wildblumenbeete? Welche ökologische Bedeutung kommt ihnen zu?
Blumenbeete sind ein wichtiger Teillebensraum im Ökosystem Garten. Blütenbesuchende Insekten finden hier Nahrung, vor allem Pollen und Nektar. Für andere Insekten sind Blüten ihr Jagdrevier, wo sie ihrer Beute auflauern. Blumen sind aber auch ein Ort um Paarungspartner zu finden, insbesondere bei Käfern und Wanzen. Und einige Insekten nutzen Blüten als Schlafort, Kinderstube oder auch als Überwinterungsquartier. Blumen und Blumenbeete sind also tatsächlich weit mehr als nur schön.
Sie haben selbst seit bald 20 Jahren einen Wildblumengarten. Welche Tiere können Sie dort besonders oft beobachten? Hat sich in der Zeit etwas verändert?
Mein Garten hat sich im Laufe der Jahre sehr stark gewandelt. Denn bevor ich meinen Wildblumengarten angelegt habe, gab es an dieser Stelle nur eine kurz gemähte Rasenfläche. Keine Blumen, keine Kräuter. Wildtiere waren hier kaum zu beobachten. Durch die vielfältige Bepflanzung, mit einer rahmenden Wildstrauchhecke, einzelnen Obstbäumen, Kräuterrasen und meinem artenreichen Wildblumengarten, dem Wechsel von dichter und schütterer Bepflanzung, haben sich immer mehr Wildtiere eingefunden. Insbesondere Schmetterlinge, Wildbienen, Wespen, Käfer und Wanzen bewohnen meinen Garten. Immer wieder beobachte ich neue Arten im Garten, die mich zum Staunen bringen oder über die ich mich einfach freue. Wie etwa die Glühwürmchen, die Weinhähnchen, die Gottesanbeterin, den Segelfalter, das Wiener Nachtpfauenauge… Sie alle bereichern meinen Garten und sind ein Teil des Ökosystems Garten.
- Einige Wildbienenarten bilden Schlafgemeinschaften. Diese Männchen ruhen in einer Moschus-Malvenblüte.
- Marienkäfer und Ohrwurm haben in den abgeblühten Leimkrautblüten einen Unterschlupf gefunden. inen
Was versteht man unter dem Laisser-faire-Prinzip?
Laisser-faire-Gärtnern bedeutet für mich: Die Natur und Pflanzen sich frei entwickeln zu lassen und nur dann lenkend eingreifen, wenn es meine gärtnerische Hand benötigt. Etwa um die Funktionalität einer Pflanzung zu erhalten. Es ist also damit gemeint: So wenig wie möglich und nur so viel wie nötig einzugreifen. Denn so schonen wir die Natur und wir können den Garten in vollen Zügen genießen.
Welche verschiedenen Bepflanzungskonzepte gibt es und für wen sind sie geeignet?
Ein Bepflanzungskonzept legt fest, wie Arten im Beet gruppiert und angeordnet werden. Es beeinflusst das Erscheinungsbild einer Bepflanzung und wie sie gepflegt wird. Im Buch werden fünf unterschiedliche Pflanzkonzepte vorgestellt, die ich als Pflanzplanerin verwende. Sie werden in dynamische und statische Konzepte unterschieden. Bei statischen Konzepten wie Block- und Leitstaudenpflanzung soll das Bild der der Planung erhalten bleiben. Das geschieht durch regelmäßige Pflegeeingriffe. Hingegen bei dynamischen Konzepten wie Matrix- und Mischpflanzung darf sich das Erscheinungsbild der Pflanzung wandeln. Die Ausbreitung von Arten durch Ausläufer oder Selbstaussaat ist erwünscht. Ein Mensch mit hohem Ordnungssinn wird daher mit einem statischen Konzept mehr Freude haben. Die Entscheidung für oder gegen ein Bepflanzungskonzept, sollte aber auch von Zweck der Bepflanzung abhängen. Nahe am Haus, etwa beim Hauseingang entscheiden wir uns für ein Beet, das nach klassischen Gestaltungsprinzipien aufgebaut ist wie eine Leitstaudenpflanzung. Je weiter weg vom Haus, desto naturnäher kann es sein und wir wählen ein dynamisches Konzept wie die Mischpflanzung. Welches Konzept das richtige ist, ist also eine Frage des persönlichen Zugangs und der gestalterischen Intention.
Wenn das Konzept und der Plan stehen, geht es ans Besorgen von Pflanzgut. Woran lässt sich hier gute Qualität erkennen?
Topfpflanzen, möglichst aus biologischer und torffreier Kultur, sollten artentsprechend entwickelt sein. Also nicht zu üppig aussehen, weil dies oft auf zu viel Dünger zurückzuführen ist. Aber sie sollten auch nicht kümmern. Der Wurzelballen sollte gut durchwurzelt, der Topf frei von Beikräutern sein. Blumenzwiebeln sind in der Regel nur als lose Ware zu erhalten. Auch hier ist auf das artentsprechende Aussehen der Zwiebeln, Knollen oder Rhizome zu achten. Jedenfalls sollten sie frei von Schimmel sein, der durch Verfärbungen und häufig auch einen Pilzgeruch zu erkennen ist. Tatsächlich ist es nicht immer einfach, eine gute Qualität zu erkennen. Daher rate ich an, das Pflanzgut in einer Fachgärtnerei zu besorgen. Denn hier kann man sicher sein, auch tatsächlich Qualitätsware zu erhalten.
Sie stellen uns im Buch 10 Pflanzideen vor, die wir direkt nachpflanzen können. Welche Idee ist Ihr persönlicher Favorit?
Die 10 Pflanzideen sind für unterschiedliche Standorte und Situationen, wie wir sie im Garten vorfinden, konzipiert. Die Ideen sind inspiriert von natürlichen Pflanzengesellschaften wie Felssteppe, wärmeliebender Saum oder Nasswiese. Jede Pflanzidee hat ihr individuelles Erscheinungsbild, ihren unverwechselbaren Charakter. Daher habe ich keinen Favoriten. Die vorgestellten Artenkombinationen und Pflanzkonzepte sind auch keine Patentrezepte. Sie sollen anregen, selbst aktiv zu werden. Sie sollen Mut machen, eigene Pflanzungen zu entwickeln, mit den Pflanzen zu experimentieren. Meine Intention war, durch die Ideen zu zeigen, wie vielfältig man Wildblumen im Garten gestalterisch verwenden kann.

Pflanzidee 7 – Gräsersteppe für vollsonnige
Trockenstandorte:
Vorbilder für die Pflanzidee der Gräsersteppe sind die natürlichen mitteleuropäischen
Graslandschaften auf sonnigen Trockenstandorten, wie sie etwa auf den
Hundsheimer Bergen in der Pannonischen Tiefebene im Osten Österreichs
natürlich vorkommen. Sie beherbergen neben den dominanten Gräsern eine Vielfalt
an reizvollen Wildblumen mit ästhetischem und ökologischem Wert. Aufgrund
ihrer attraktiven Blüte und Robustheit eignen sich diese Arten auch für extrem
sonnige, heiße und trockene Standorte und schmücken den Garten damit dort, wo
viele andere Pflanzen nicht mehr gedeihen.

Pflanzidee 10 – Staudenwiese in Blau-Weiß-Gelb
im Mischpflanzungsprinzip:
Diese Pflanzidee ist inspiriert von unseren artenreichen mitteleuropäischen
Wiesen. Sie sind ein pittoreskes Landschaftselement, das durch die extensive landwirtschaftliche
Nutzung entstanden, mittlerweile aber vielerorts durch Intensivgrünland
ersetzt worden und verschwunden ist. Neben ihrem Heuertrag bieten
extensive Wiesen einen ästhetischen und überaus hohen ökologischen Wert.
Da wir aber im eigenen Garten selten genug Raum für weitläufige Wiesen haben,
kann man sich zumindest von ihnen anregen lassen und sie neu interpretieren.
Diese Pflanzidee ist eine Wiese im Kleinformat: eine Staudenwiese in Blau-Weiß-
Gelb, die aufgrund ihrer Artenvielfalt zahlreiche Blütenbesucher in den Garten
lockt.

Pflanzidee 2 – Ornamentale Wildblumenhecke
als Blockpflanzung:
Hecken, ob frei wachsend oder geschnitten, sind ein typisches Element unserer
mitteleuropäischen Gärten. Sie gliedern Räume und schaffen Grenzen. Doch nicht
immer muss eine Hecke aus Sträuchern bestehen. Warum nicht monumentale
Hochstauden und Gräser verwenden und eine Staudenhecke mit ihnen gestalten?
Hochstauden erreichen über die Vegetationsperiode ein Höhenwachstum von
durchschnittlich ein bis eineinhalb Metern, manchmal auch mehr. Jedoch sind sie
nicht verholzend wie Sträucher. Aus diesen Gründen bleibt bei einer Wildstaudenhecke
der Blick über oder durch die Hecke offen, wodurch sie zum verbindenden
Gestaltungselement zwischen Gartenräumen wird.
Haben Sie eine Lieblingspflanze aufgrund ihres Aussehens? Und eine aufgrund ihrer ökologischen Funktion? Wenn ja, welche sind es?
Aus gestalterisches Sicht sind Pflanzen mit einem grafischen Erscheinungsbild wie Kugeldistel, Löwenschwanz oder Wilde Karde sehr interessant. Aus ökologischer Sicht mag ich Blumen wie Skabiosen-Flockenblumen und Gewöhnlichen Dost, Malven, Salbei, Skabiosen und Knautien. Sie blühen lange und ziehen viele Insekten an. Aber eine Lieblingspflanze zu benennen, fällt mir schwer. Denn jede Pflanze ist auf ihre Art schön. Mir gefallen einfach Wildblumen besonders, weil sie ihren natürlichen und ursprünglichen Charakter erhalten haben und alle ökologisch wertvoll sind. Und häufig ist nicht nur ihre Blüte schön, sondern auch der Samen- oder Fruchtstand, das Blatt, die Wuchsform insgesamt.
Was hat Ihnen beim Schreiben dieses Buchs am meisten Freude bereitet?
Ich habe für das Buch viele Pflanzen an ihren Naturstandorten aufgesucht. Diese Exkursionen waren interessant und haben mich auch zu einigen Pflanzideen inspiriert. Neben den Pflanzen, konnte ich auch viele Wildtiere beobachten. Diese Eindrücke haben mich bestärkt das Buch zu schreiben, denn ich möchte Menschen für Wildtiere und Wildpflanzen begeistern. Ich möchte sie dazu bewegen, in ihren Gärten diesen wunderschönen und faszinierenden Lebewesen einen Ort zum Leben zu bieten.
Fotos: Sonja Schwingesbauer
Illustrationen: Rita Engl

© Sandra Tauscher
Sonja Schwingesbauer ist Pflanzplanerin und Autorin für naturnahes, wildtierfreundliches Gärtnern. Sie studierte an der Universität für Bodenkultur Wien und war dort Mitarbeiterin. Seit 2013 ist die promovierte Landschaftsplanerin in einem Planungsbüro in Wien als Pflanzplanerin tätig. In ihrem Hortus Pannonicus erprobt sie das Laissez-faire-Gärtnern.